In Belarus werden laut Russlands Präsident Wladimir Putin taktische Atomwaffen stationiert werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Stationierung taktischer Atomwaffen in der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus angekündigt. Darauf hätten sich Moskau und Minsk geeinigt, sagte Putin am Samstagabend im Staatsfernsehen. Russland verstoße damit nicht gegen internationale Verträge.
USA haben auch in Deutschland Atomwaffen stationiert
Die USA haben auch in Deutschland Atomwaffen stationiert. Putin hatte
in der Vergangenheit deren Abzug gefordert, weil Moskau sich dadurch
bedroht sieht. Nun betonte der Kremlchef, dass Russland - wie die USA -
seine Atomwaffen keinem anderen Land überlasse. Vielmehr würden sie dort
vorgehalten, und es gebe eine Ausbildung an den Waffen. Putin kündigte
an, dass die entsprechenden Schulungen in Belarus am 3. April beginnen
sollen. Die Schächte für die mit atomaren Sprengköpfen bestückbaren
Iskander-Raketen sollen am 1. Juli fertig sein. Aus Minsk gab es dazu
zunächst keine Angaben.
Die USA reagierten zurückhaltend auf die
Ankündigung Russlands. Das US-Präsidialamt erklärte, es sei weder ein
Grund zur Änderung der US-Nuklearwaffenpolitik zu erkennen noch gebe es
Anzeichen für Vorbereitungen Russlands zum Einsatz einer Nuklearwaffe.
Die USA beobachteten die Lage und blieben der kollektiven Verteidigung
der NATO verpflichtet. Ähnlich äußerte sich das
US-Verteidigungsministerium. Ein hoher Regierungsbeamter sagte, Russland
und Belarus hätten bereits seit dem vergangenen Jahr über eine solche
Vereinbarung gesprochen.
In Deutschland war indessen vonseiten des
Auswärtigen Amts in Berlin am Samstagabend von einem "weiteren Versuch
der nuklearen Einschüchterung" die Rede. "Der von Präsident Putin
gezogene Vergleich zur Nuklearen Teilhabe der NATO ist irreführend und
kann nicht dazu dienen, den von Russland angekündigten Schritt zu
begründen," hießt es weiter. Zudem habe sich Belarus international in
mehreren Erklärungen darauf festgelegt, frei von Nuklearwaffen zu sein.
Atomwaffen-Stationierung in Belarus: Wissenschafter sehen wichtiges Signal
Wissenschafter
werteten Putins Ankündigung als wichtiges Signal. "Das ist ein Teil von
Putins Versuch, die NATO einzuschüchtern", sagte der Experte Hans
Kristensen von der Rüstungs- und Sicherheitsthemen spezialisierten
Federation of American Scientists. Militärischen Nutzen ziehe Russland
aus diesem Schritt allerdings nicht, da es bereits ein umfassendes
Atomwaffenarsenal auf dem eigenen Staatsgebiet unterhalte. Nikolai Sokol
vom Vienna Center for Disarmament and Non-Proliferation bezeichnete
Putins Entscheidung als wesentlichen Schritt. Dass Russland Atomwaffen
außerhalb seines Territoriums stationiere, sei eine große Veränderung.
Belarus
und dessen Machthaber Alexander Lukaschenko gehören zu Moskaus engsten
Verbündeten. Lukaschenko habe immer wieder um die Stationierung
taktischer Atomraketen gebeten, sagte Putin. Der Dauer-Machthaber in
Minsk - oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnet - hatte auch
bedauert, dass Belarus sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor
mehr als 30 Jahren von seinen Nuklearwaffen trennte. Auch die Ukraine
hatte damals ihre Atomwaffen aufgegeben.
Russland habe Belarus
schon beim Umbau von Flugzeugen geholfen, von denen nun zehn so
ausgerüstet seien, dass sie ebenfalls taktische Nuklearwaffen abschießen
könnten, sagte Putin. Taktische Atomwaffen haben eine geringere
Reichweite als Interkontinentalraketen, aber auch noch mehrere Hundert
Kilometer. Die Sprengwirkung liegt zwischen 1 und 50 Kilotonnen TNT.
Russland stationiert aber keine strategischen Atomwaffen in Belarus, die
etwa die USA erreichen könnten.
Russland reagiert auf Spannungen mit der NATO
Mit der Stationierung reagiert
Russland auf die zunehmenden Spannungen mit der NATO im Zuge von Putins
Krieg gegen die Ukraine. Russland war vor mehr als einem Jahr in die
Ukraine einmarschiert. Konkret empörte sich Moskau zuletzt über die
mögliche Lieferung von Uranmunition aus Großbritannien an die Ukraine.
Die Geschosse mit abgereichertem Uran haben eine besondere Schlagkraft,
um etwa Panzer zu zerstören.
Putin warnte im Staatsfernsehen vor
dem Einsatz solcher Munition. Uranmunition gehöre "zu den schädlichsten
und gefährlichsten für den Menschen", da der Uran-Kern radioaktiven
Staub verursache und die Böden verseuche. "Wir haben ohne Übertreibung
Hunderttausende solcher Geschosse", sagte er. Bisher seien sie aber
nicht eingesetzt worden.
Die britische Armee verwendet seit
Jahrzehnten abgereichertes Uran in panzerbrechenden Geschossen. Das
Verteidigungsministerium in London warf Putin Falschinformation vor,
nachdem er von einer "nuklearen Komponente" gesprochen hatte. Putin
wisse, dass dies nichts mit nuklearen Waffen oder Fähigkeiten zu tun
habe.
USA haben in mehreren europäischen Ländern Atombomben stationiert
Die USA haben im Zuge der atomaren Abschreckung der NATO
Atombomben in mehreren europäischen Ländern stationiert. Offizielle
Angaben gibt es dazu zwar nicht, es sollen aber weiterhin in den
Niederlanden, Belgien, Italien und Deutschland Atomwaffen lagern -
außerdem im asiatischen Teil der Türkei. Mit Großbritannien und
Frankreich besitzen weitere NATO-Staaten eigene Atomwaffen.
Auf
dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel
sollen noch bis zu 20 US-Atombomben stationiert sein, die im Ernstfall
mit Tornado-Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden sollen. Die in
Büchel stationierten Tornados sollen ab 2027 durch moderne Kampfjets aus
US-Produktion vom Typ F35 ersetzt werden.
In dem Interview sagte
Putin auch, dass Russland angesichts der westlichen Panzerlieferungen
für die Ukraine die eigene Panzerproduktion erhöhen werde. "Die
Gesamtzahl der Panzer der russischen Armee wird die der ukrainischen um
das Dreifache übertreffen, sogar um mehr als das Dreifache." Während die
Ukraine aus dem Westen 420 bis 440 Panzer bekomme, werde Russland 1.600
neue Panzer bauen oder vorhandene Panzer modernisieren.
Putin
sagte zudem, Russland könne das Dreifache der Munitionsmenge
produzieren, die der Westen der Ukraine liefern wolle. Die nationale
Rüstungsindustrie entwickle sich in hohem Tempo. Allerdings wolle er die
eigene Wirtschaft nicht übermäßig militarisieren, behauptete der
Kremlchef. Tatsächlich wurde in Moskau bereits eine Regierungskommission
gegründet, die kontrollieren soll, dass die Wirtschaft den
Anforderungen des Militärs gerecht wird. Während die russische
Wirtschaft schwer unter den westlichen Sanktionen leidet, arbeitet die
Rüstungsindustrie auf Hochbetrieb.