Gastkommentar von Johannes Huber. Im Duell um die Parteiführung schaut der Wiener Bürgermeister gegen Doskozil gerade ziemlich alt aus.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig ist getrieben davon,
seinen Genossen Hans Peter Doskozil als Bundesparteivorsitzenden zu verhindern.
Das ist grundsätzlich nachvollziehbar: Dieser spricht im Unterschied zu ihm
weniger eine urbane, links der Mitte stehende Wählerschaft an als vielmehr eine
eher ländliche, die gerne auch rechts der Mitte zu Hause ist. Kein Wunder, wird
mit dem burgenländischen Landeshauptmann doch das verknüpft, was gemeinhin als
harte oder restriktive Flüchtlingspolitik bezeichnet wird. Erworben hat er sich
diesen Ruf schon als Verteidigungsminister 2016/17, als er zum Beispiel die
Brenner-Grenze mit Radpanzern abriegeln wollte.
Dass Doskozil seither bemüht ist, durchaus auch
linkspopulistisch zu agieren, dass er versichert, eine Ampelkoalition mit Neos
und Grünen bilden zu wollen und dass er sich mit Leuten wie Christian Kern
umgibt, das macht sie Sache für Ludwig nicht besser. Für ihn ist wichtig, dass
er nicht SPÖ-Chef wird. Und Punkt.
Sein Problem ist jedoch, dass er dabei wie ein trotziger
Mann auf Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner setzt. Das ist insofern ein Problem,
als sie in eigener Sache zwar kämpft, wie eine Löwin und nicht zurücktreten
will, andererseits aber nicht in der Lage ist, der SPÖ eine Perspektive für
eine Rückeroberung des Kanzleramts zu eröffnen.
Sie hat bisher ausschließlich darauf gesetzt, dass es die
ÖVP nach dem Abgang von Sebastian Kurz zerlegt und die Freiheitlichen infolge
der Ibiza-Affäre am Boden liegen bleiben. Vorübergehend schien das aufzugehen,
hat sich letztlich aber als Irrtum erwiesen. Die Freiheitlichen heben ab und
kommen zusammen mit der ÖVP wieder auf eine Mehrheit. Rendi-Wagner hat es
verabsäumt, die SPÖ selbst zu stärken und ihr ein unverkennbares Profil zu
verpassen; und vor allem auch ihren Beitrag dafür zu leisten, dass es zu einer
Ampelkoalition mit Neos und Grünen kommen kann.
Das führt dazu, dass auch große Doskozil-Gegner in der SPÖ
an ihr zweifeln. Nicht aber Ludwig. Er hat erst Anfang März betont, dass er sie
über den nächsten Parteitag hinaus unterstützen werde. Wobei er bekräftigte,
für seine Landesparteiorganisation zu sprechen.
Das Ergebnis ist bekannt: Im Rahmen einer Befragung werden
de facto die Mitglieder entscheiden, ob Rendi-Wagner bleibt oder Doskozil
Vorsitzender wird. Der Parteitag wird das kaum ändern können. Ludwig wird sich
dem beugen müssen. Allein, dass er sich darauf einlassen muss, ist eine
Niederlage für ihn.
Er ist jetzt abhängig von Rendi-Wagner bzw. davon, dass sie
sich bei der Mitgliederbefragung durchsetzt. Sonst ist er massiv geschwächt –
ist er erstens mit einem Bundesparteivorsitzenden Doskozil konfrontiert, den er
zutiefst ablehnt; und ist er zweitens wie schon sein Vorgänger Michael Häupl
Chef einer Landesorganisation, die nur auf dem Papier mächtig ist. Zur
Erinnerung: Häupl hat den Sturz von Werner Faymann 2016 nicht verhindern können
und Christian Kern als Nachfolger akzeptieren müssen. Ludwig muss nun
befürchten, dass sich Vergleichbares zu seinen Ungunsten wiederholt.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik