Gastkommentar von Johannes Huber. Eine Partei, die sich in Zeiten wie diesen in erster Linie mit sich selbst beschäftigt, ist nicht nur überflüssig.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl
können sich zurücklehnen und genussvoll zuschauen, wie Pamela Rendi-Wagner um
den SPÖ-Vorsitz kämpft bzw. kämpfen muss: Es schwächt die Sozialdemokratie
insgesamt und zumal weder Grüne noch Neos groß davon profitieren, kann das den
beiden nur nützen.
Besonders in Zeiten wie diesen: Sehr viele Menschen wissen
aufgrund der Teuerung nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Nicht
wenige sehnen sich nach all den Korruptionsaffären im Übrigen nach einer neuen,
einer sauberen Politik. Für die SPÖ wäre das aufgelegt. Von der Papierform her
könnte sie nur gewinnen.
Doch was ist schon die Papierform. Entscheidend ist, was
geliefert wird: Seit über drei Jahren gibt es in der Partei Zweifel an den
Fähigkeiten von Pamela Rendi-Wagner. Und ebenfalls seit über drei Jahren
versteht sie es nicht, diesen Zweifeln wirkungsvoll entgegenzutreten.
Es macht die Sache nicht besser, dass sie auch ein Opfer
feiger Männer ist: Nachdem Ex-Parteichef Christian Kern im Herbst 2018
zurückgetreten war, wollte niemand übernehmen. Zumal damals eine längere
Sebastian-Kurz-Ära erwartet worden war, war man froh, dass sie bereit dazu war.
In weiterer Folge ließ man sie, die wenig Ahnung von Politik hatte, nicht nur
hängen, sondern teilte ihr gerne auch öffentlich mit, dass sie unfähig sei. Vor
allem der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil tat sich
diesbezüglich – mit anderen Worten, aber doch - hervor.
Jetzt ist Feuer am Dach: Rendi-Wagner behauptet, dass gute
Umfragewerte vor einem Jahr beweisen würden, dass sie es kann. In Wirklichkeit
waren sie jedoch darauf zurückzuführen, dass die ÖVP nach dem Sebastian Kurz-Abgang
im freien Fall war und die FPÖ mit Herbert Kickl noch nicht Fuß gefasst hatte.
Die SPÖ fährt immer schlechtere Wahlergebnisse ein. Auf
einen winzigen Zugewinn in Tirol folgten ein Verlust in Niederösterreich und
ein Absturz in Kärnten. Kein Wunder: Mehr denn je würden die Menschen volle
Konzentration auf die Bewältigung all der Krisen erwarten, die ihnen zu
schaffen machen; insbesondere die Teuerung. Eine Partei, die sich unter diesen
Umständen mit sich selbst beschäftigt, löst umso mehr Unverständnis, ja Wut
aus; sie ist eine Zumutung.
Besserung ist keine in Sicht: Michael Ludwig, der mächtigste
Genosse, greift nicht entschieden ein. Rendi-Wagner stürzt sich so offen wie
nie in ein Duell mit Doskozil. Dabei werden beide eher nur verlieren. Genauso
wie die Partei, der eine Spaltung droht.
Natürlich: Die SPÖ-Vorsitzende kann einem leidtun. Das aber
ist keine Kategorie: Am Ende des Tages zählt für die Partei einzig und allein,
dass sie Politik machen und bei Wahlen gewinnen kann. Das scheint unter Führung
von Rendi-Wagner nicht mehr möglich zu sein. Doskozil ist gegen sie, unter
anderem der Salzburger Landeschef David Egger steht ihr distanziert gegenüber.
Kaum jemand traut ihr noch das Kanzleramt zu.
Johanne Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik