Österreichs Politik dürfte sehenden Auges in die Abhängigkeit von russischem Gas gesteuert sein. So haben politische Fehler über mehrere Jahrzehnte Österreich von russischem Erdgas abhängig gemacht.
Zu diesem Ergebnis kommt die Energieagentur, die die Politik in Energiefragen berät. Die Erdgas-Importe seien Mitte der 1960er-Jahre zur privatwirtschaftlichen Angelegenheit geworden. Das Risiko einer zu hohen Abhängigkeit wurde zwar früh erkannt, aber konsequent negiert. Argumente für russisches Erdgas seien zu unhinterfragten Dogmen geworden, so Studienautor Herbert Lechner.
"Ein wesentlicher Faktor für die Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas war sicher, dass die politisch Verantwortlichen sich bereits ab den 1960ern von einer energiepolitisch aktiven Rolle verabschiedet und sämtliche Aufgaben rund um den Gasimport als privatwirtschaftliche Angelegenheit an Unternehmen, in erster Linie die OMV, abgegeben haben", so Lechner. "Und daran hat sich de facto bis 2020, dem Ende des Untersuchungszeitraums der Analyse, nichts geändert."
Lechner hat für den Bericht unter anderem in staatlichen Dokumenten Russlands und Österreichs
sowie im Archiv der Staatsholding ÖIAG recherchiert. Warnungen habe es
immer wieder gegeben. So sagte der ÖVP-Abgeordnete Siegmund Burger 1971
im Nationalrat, die österreichische Energieversorgung sei auf der
Prämisse des Friedens aufgebaut. Die EU-Kommission sagte 2008, Russland setzte "Gas als politische Waffe" ein.