Eine Studie von Demographen hat untersucht, wie sich der Einfluss von Gewaltdelikten auf die Verteilung des Sterbealters länderübergreifend auswirkt.
Österreich zählt zu den Ländern der Welt, in denen sich die Bewohner in ihrer Lebensplanung am ehesten an der durchschnittlichen Lebenserwartung orientieren können. Das ist ein Ergebnis einer Studie von Demographen. In manchen Ländern führen Tötungsdelikte zu einer deutlichen Streuung in der zu erwartenden Lebenszeit, heißt es im Fachblatt "Science Advances".
Gewaltdelikte senken die Lebenserwartung
Dass in
Ländern mit vielen Gewaltdelikten im Schnitt auch die Lebenserwartung
absinkt, liegt auf der Hand. Ein Team um eine der Hauptautoren und
-autorinnen Vanessa Di Lego vom Institut für Demographie der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) machte sich nun daran
herauszufinden, wie sich verschieden hohe Gewaltniveaus in
verschiedenen Gesellschaften auswirken.
Die Forscherinnen und
Forscher glichen dazu die jeweiligen Sterblichkeitsstatistiken mit dem
"Global Peace Index" (GPI) ab. Darin werden 163 Länder der Welt
hinsichtlich ihrer Friedfertigkeit bewertet. Erfasst sind etwa
Beteiligungen an bewaffneten Konflikten, das Ausmaß an Terrorismus oder Waffengewalt insgesamt.
Länder mit mehr Gewalt: Studie zeigt breite Unterschiede
Die
Analyse zeigte nun, dass die Abweichungen von der im Schnitt zu
erwartenden Lebensspanne "in Ländern mit mehr Gewalt deutlich größer
sind", so Di Lego am
Freitag in einer ÖAW-Aussendung. Die Unterschiede seien jedenfalls sehr
breit nachweisbar. So haben die Wissenschafter auch die
sozioökonomischen Gegebenheiten berücksichtigt. Das Team sah aber "immer noch einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Gewaltlevel und der Ungewissheit des Sterbealters.
Gewalt ist ein wichtiger Treiber für gesellschaftliche Instabilität und
betrifft nicht nur die direkten Opfer, sondern alle, die mit der
Verunsicherung leben müssen", sagte Di Lego.
Verunsicherung wegen Gewalt in Österreich gering ausgeprägt
Österreich ist
demnach eines der Länder, in denen diese Verunsicherung vergleichsweise
gering ausgeprägt sein sollte. Es gehört bekanntlich zu den
friedlichsten Ländern der Welt und weist laut der neuen Analyse auch die
sechstniedrigste Ungewissheit beim Sterbealter
auf. Neben Österreich finden sich noch Australien, Belgien, Kanada, die
Schweiz, die Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Irland, Island,
Japan, Norwegen, Neuseeland, Portugal, Singapur, Slowenien und Schweden
in der Gruppe der Staaten mit wenig Ungewissheit.
Auf der anderen Seite des Spektrums: Syrien und Länder in Mittel- und Südamerika
Am anderen Ende des Spektrums liegen Länder wie das
seit Jahren vom Bürgerkrieg gebeutelte Syrien, viele Länder in Mittel-
und Südamerika, die etwa von großer Bandenkriminalität heimgesucht
werden, sowie einige afrikanische Staaten oder Länder im Nahen- und
Mittleren Osten. Dass Gewalt ein stark männlich geprägtes Phänomen ist,
zeigt die Studie ebenso: "Sowohl in bewaffneten Konflikten als auch in
Ländern mit hohen Mordraten sind die Auswirkungen auf die Ungewissheit
des Sterbealters von Männern größer. Frauen leiden indirekt, weil sie vermehrt nicht-tödliche Gewalt erfahren oder Witwen werden", so Di Lego.
Insgesamt illustrieren die Daten, dass viel mehr in Richtung Gewaltprävention getan werden müsste. "In Ländern, in denen Kriege, hohe Mordraten oder andere Konflikte die Ungewissheit des Sterbealters erhöhen, kann das Auswirkungen auf wichtige Lebensentscheidungen haben. Die Menschen sind zum Beispiel eher geneigt, einen gesunden Lebensstil zu pflegen, wenn sie relativ sicher sein können, ein hohes Alter zu erreichen", so die Demographin.