Gastkommentar von Johannes Huber. Freiheitliche wie Gottfried Waldhäusl spielen mit dem Feuer. Und legen es ganz bewusst darauf an, ausgegrenzt zu werden.
Die Schülerinnen sind geschockt
zurückgeblieben. Eine von ihnen hatte den niederösterreichischen
Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) in einer Puls 24-Sendung darauf
angesprochen, dass sie und ihresgleichen, die ebenfalls über einen
Migrationshintergrund
verfügen, nicht in Wien wären, wenn seine Vorstellungen zum Thema Asyl
umgesetzt wären. Da erwiderte er: „Dann wäre Wien noch Wien.“
Das muss man sich einmal
vorstellen. Der FPÖ-Politiker sagte das jungen Menschen ins Gesicht, die
schon länger in der Bundeshauptstadt leben, also Teil von ihr sind. Er
hätte ihnen genauso gut mitteilen können, dass es ihm lieber wäre,
sie würden wieder verschwinden. Ganz egal, ob sie hier geboren sind,
Freunde haben und keine andere Welt kennen: „Weg mit Euch!“
Nicht weniger heftig war, dass
sich Waldhäusl zwei Tage später besorgt um das „christliche Abendland“
gab und erklärte, er habe „Angst, dass seine Enkelkinder einmal unsere
Heimat Österreich mit der Waffe verteidigen müssen“.
Das ist eine Anleitung zum
Bürgerkrieg. Ex-FPÖ—Chef Heinz-Christian Stache hatte diesen Begriff im
Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2015 ausdrücklich verwendet: Durch
„ungebremsten Zustrom von kulturfremden Armutsmigranten“ sei
„mittelfristig
ein Bürgerkrieg nicht wahrscheinlich“, so Strache in einer Rede zur
Lage der Nation.
Würde es Waldhäusl um die
Bewältigung eines Problems gehen, er würde sich um konsequente, aber
faire Asylverfahren bemühen. Er würde Menschen mit
Migrationshintergrund, die in Wien leben, nicht so widerwärtig
behandeln, sondern Integrationsmaßnahmen
setzen, wo sie nötig sind. Und er würde vor allem nicht an der
Eskalationsspirale drehen: Seine Rede davon, dass es notwendig werden
könnte, Österreich mit der Waffe zu verteidigen, ist insofern
gefährlich, als sie offenlässt, wie er sich das vorstellt: Sollen
irgendwelche Bürgerwehren irgendwann loslegen? Liegt es in ihrem
Ermessen? Sollen sie sich ermuntert fühlen, nicht mehr lange zuzuwarten?
Strache ist nach der erwähnten
Rede vor sieben Jahren vorsichtiger geworden. Er hat gesehen, dass er in
Umfragen mit der FPÖ auf Platz eins liegt und staatstragend wirken
muss, um Regierungsfähigkeit zu demonstrieren. Bei Waldhäusl bzw.
Bundesparteiobmann Herbert Kickl und dem niederösterreichischen
Landesobmann Udo Landbauer, die ähnlich ticken wie er, ist das nicht zu
erwarten. Sie gehen aufs Ganze.
Die Sache ist einfach wie
durchschaubar: Sie wissen, dass so, wie sie sich verhalten, niemand mit
ihnen koalieren wird. Andererseits sehen sie, dass ihnen ihr Verhalten
in Verbindung mit der Betonung, ausgegrenzt zu werden, sehr viele
Stimmen
bringt. Also legen sie es auf Stimmenmaximierung an.
Kommt es noch einmal zu so
massiven Veränderungen wie bei der niederösterreichischen Landtagswahl
am vergangenen Wochenende, dann sind sie vorne. Auch bei
Nationalratswahlen könnten sie damit rechnen, auf Platz eins zu landen.
Allein dieses
Ziel ist ihnen in absehbarer Zeit wichtig. Kalkül: Wenn sie am Ende
wirklich vorne liegen, werden Türkise oder vielleicht Rote schon schwach
werden und ihnen im Rahmen einer Koalition zu Macht verhelfen.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik