GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Die Freiheitlichen sind die großen Gewinner der Niederösterreich-Wahl, ÖVP und SPÖ die klaren Verlierer. Ob sie es noch einmal schaffen können, sich vor einer Nationalratswahl zu erneuern, ist fraglich.
Die Spitzenkandidaten bei der
niederösterreichischen Landtagswahl können nicht behaupten, dass allein
die Bundespolitik zum Ergebnis geführt habe. Landeshauptfrau Johanna
Mikl-Leitner (ÖVP) hat’s schon auch selbst verbockt, hat einen Teil des
Verlustes ihrer Partei zu verantworten.
In
den abschließenden Elefantenrunden vor dem Urnengang hat sie nicht
einmal sinnvoll erklären können, was auf dem Spiel steht; obwohl sie
selbst Anfang Jänner ohne weitere Erläuterungen behauptet hatte, es
handle sich um „alles“. Geblieben ist daher die Botschaft, dass es
allein um die Macht ihrer Partei geht. Das ist zu mager in Zeiten wie
diesen.
Am Wahltag selbst schaffte es die
Landeshauptfrau nicht, einer Klimaaktivistin den Wind aus den Segeln zu
nehmen, die ihr vor laufenden Kameras vorwarf, ihresgleichen nicht ernst
zu nehmen. Mikl-Leitner wirkte schlicht genervt, versuchte die junge
Frau mit der Aussicht auf einen Termin zu vertrösten und bat diese
schließlich, sie endlich ihre Interviews geben zu lassen.
Dürftiger
noch als die ÖVP-Landeschefin schlug sich SPÖ-Mann Franz Schnabl im
Wahlkampf. Er gab sich in Anlehnung an den Vornamen von Mikl-Leitner als
„rote Hanni“ aus und erklärte später, Landeshauptmann werden zu wollen.
Damit hat er sich zwei Eier gelegt: Fortan wurde er nicht mehr ernst
genommen.
Insofern könnte man den Absturz der
niederösterreichischen ÖVP und den Verlust der dortigen SPÖ ein Stück
weit mit der Performance von Mikl-Leitner und Schnabl erklären. Und
umgekehrt vor allem auch den Triumpf der Freiheitlichen unter Führung
von Udo Landbauer. Ihre Stärke ist in der Schwäche ihre Mitbewerber
begründet.
In Wirklichkeit passt das Ergebnis
vor allem auch zu dem, was zumindest ebenso relevant war: Wir leben in
einer Zeit multipler Krisen, also maximaler Unsicherheiten. Die ÖVP, die
noch dazu seit dem Sebastian Kurz-Abgang ganz grundsätzlich
orientierungslos ist, wird dem nicht gerecht. Karl Nehammer ist kein
Krisenkanzler. Und die SPÖ hat unter Pamela Rendi-Wagner nicht nur keine
Alternative, geschweige denn eine Perspektive für Österreich und seine
Menschen anzubieten, sie ist auch noch in sich gespalten. Rendi-Wagner
steht Hans Peter Doskozil gegenüber.
All das
stärkt Herbert Kickl und die Freiheitlichen bundesweit. Es ist ein Stück
weit wie 2015, nur heftiger: Damals, in der Zeit einer
Flüchtlingskrise, stürzten ÖVP und SPÖ bei Landtagswahlen in der
Steiermark, in Oberösterreich, im Burgenland und in Wien ab, während die
Freiheitlichen (in der Steiermark) um bis zu 16 Prozentpunkte zulegten.
Im Jahr darauf gingen ÖVP und SPÖ bei der Präsidentschaftswahl mit
ihren Kandidaten Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer überhaupt unter,
während es Norbert Hofer (FPÖ) beinahe in die Hofburg geschafft hätte.
Das hatte Konsequenzen. Sowohl die ÖVP als auch die SPÖ richteten sich
später neu aus. Erstere mit Sebastian Kurz, zweitere mit Christian Kern.
Es wäre naiv, zu glauben, dass sich
Ähnliches fix wiederholen wird und es die Freiheitlichen (wie 2017)
letzten Endes wieder nicht ins Kanzleramt schaffen werden, weil sich
Schwarz/Türkise und Rote einmal mehr neu aufstellen werden; weil sie ja
selbst merken, dass sie sonst verloren sind. Ihr Problem ist, dass sie
kaum noch Reserven haben. Die ÖVP hat weit und breit keinen
Hoffnungsträger und bei Hans Peter Doskozil, der es für die SPÖ Umfragen
zufolge vielleicht noch richten könnte, ist es aufgrund immer wieder
notwendig werdender Operationen am Kehlkopf bzw. der angeschlagenen
Stimme ungewiss, ob auch nur ein Nationalratswahlkampf zumutbar wäre für
ihn.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik