Gastkommentar von Johannes Huber. Warum der burgenländische Landeshauptmann die SPÖ eher in die nächste Nationalratswahl führen wird als Pamela Rendi-Wagner.
Bald ist es ein Jahr her, dass sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
im Beisein sozialdemokratischer Ex-Kanzler – von Franz Vranitzky bis Christian
Kern – zur Spitzenkandidatin ihrer Partei erklärte. Wofür? Für die nächste
Nationalratswahl, die vielleicht erst im Herbst 2024 stattfinden wird. Also
noch lange nicht. Rendi-Wagner könnte das zum Verhängnis werden: Die SPÖ liegt
in Umfragen nicht mehr klar auf Platz eins, die FPÖ ist gleichauf. Hält der
Trend an, sind Herbert Kickl und Co. bald vorne. Dann ist das Kanzleramt für
Rendi-Wagner in weite Ferne gerückt.
Das heißt nicht, dass es für die SPÖ verloren ist. Mit dem
burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wären die Chancen, es zu
erreichen, intakt. Das lässt sich nicht bestreiten, ganz egal, wie man zu ihm
steht. Und das ist auch der Grund dafür, dass er am längeren Ast sitzt und eher
als Rendi-Wagner Spitzenkandidat werden wird. Auch für die Genossinnen und
Genossen, die ihm grundsätzlich distanziert bis ablehnend gegenüberstehen, geht
es letzten Endes nämlich darum, dass die Partei wieder zu Macht bzw. in die
Regierung und am besten auch ins Kanzleramt kommt.
Die Ausrichtung der SPÖ ist den meisten egal. Das kann man so
deutlich sagen. Erstens, weil die Partei schon aus der letzten Nationalratswahl
keine Konsequenzen gezogen hat. Sie ist von knapp 27 auf fast 21 Prozent
abgestürzt und hat trotzdem darauf verzichtet, eine Neuausrichtung vorzunehmen.
Zweitens, sie hat auch zuletzt allein darauf gesetzt, ausschließlich aufgrund
des Niedergangs der Türkisen nach dem Abgang von Sebastian Kurz stark zu
werden. Sie hat nicht einmal ein Programm für ein neues Österreich vorgelegt.
Das lässt den Schluss zu, dass es auch den mächtigsten
Sozialdemokraten, also etwa dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, nicht so
wichtig ist, wie sich die Partei inhaltlich entwickelt. (Sonst hätten sie sich
in den vergangenen Monaten und Jahren mehr darum bemüht und allenfalls auch
Druck auf Pamela Rendi-Wagner ausgeübt.) Das lässt außerdem den Schluss zu,
dass sie Doskozil schließlich Spitzenkandidat werden lassen, wenn die
Wahrscheinlichkeit, die politische Führung in Österreich wieder übernehmen zu
können, mit ihm größer ist.
Weichenstellungen in diese Richtung stehen an: Die Aussichten auf
die kommenden Landtagswahlen sind durchwachsen. In Niederösterreich etwa, wo
Ende Jänner gewählt wird, zeichnen sich trotz massiver ÖVP-Verluste keine
Zugewinne für die SPÖ ab. So ist schon die Tiroler Landtagswahl im vergangenen
Herbst ausgegangen. Das zeigt, dass die Partei dringend jemanden braucht, der
ihr mehr Wählerinnen und Wähler bescheren kann.
Johannes Huber betreibt den Blog –
Analysen und Hintergründe zur Politik