Am Dienstag, dem zweiten Tag der Aufbahrung des emeritierten, verstorbenen Papstes Benedikt XVI., hat sich erneut eine lange Schlangen vor dem Eingang des Petersdoms im Vatikan gebildet.
Tausende Trauernde wollen dem früheren Oberhaupt der katholischen Kirche die letzte Ehre erweisen. Viele Pilger reisten aus verschiedenen Teilen Italiens und aus mehreren Ländern an. Der emeritierte Papst ist noch bis Mittwoch im Petersdom aufgebahrt. Begleitet wird der Abschied des früheren Papstes von einem großen Sicherheitsaufgebot.
Letzter Blick auf Benedikt XVI: Schlangen vor dem Petersdom
Unter den ersten Besuchern am Dienstagmorgen war auch der frühere italienische Ministerpräsident Matteo Renzi. Der Politiker wurde von Erzbischof Georg Gänswein, dem Privatsekretär von Benedikt XVI., begrüßt. Benedikt XVI. war am Silvestertag im Alter von 95 Jahren gestorben. Zu Neujahr wurde der Verstorbene zunächst in der Kapelle des Klosters Mater Ecclesiae im Vatikan aufgebahrt, bevor der Leichnam am frühen Montagmorgen in einer privaten Zeremonie in den Petersdom gebracht wurde. Dort wurde der mit einem rot-goldenen Gewand und einer goldumrandeten Mitra bekleidete Leichnam auf einem Katafalk vor dem Hauptaltar aufgebahrt, Schweizergardisten stehen bei ihm Wache.
Lange Schlangen vor dem Petersdom
Vatican Obit Benedict XVI
© Reuters/AP/APA
65.000 Besucher im Petersdom am ersten Tag der Aufbahrung
Am ersten Tag der
Aufbahrung verzeichnete der Vatikan 65.000 Besucher im Petersdom. Das
Begräbnis, zu dem mehr als 70.000 Gläubige erwartet werden, wird von
Papst Franziskus zelebriert. Der Wiener
Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, wird zusammen mit dem
Salzburger Erzbischof Franz Lackner als Vorsitzender der
österreichischen Bischofskonferenz an den Trauerfeiern teilnehmen.
Schönborn bezeichnete Ratzinger als "Doktor der Kirche"
Schönborn
erklärte im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della
Sera" (Dienstagsausgabe), Joseph Ratzinger sei ein "Doktor der Kirche,
ein Kirchenvater", der mit dem heiligen Augustinus verglichen werden
könne. "Ich hatte die Freude, mit vielen anderen sein Schüler zu sein,
und er war nicht nur ein Lehrer von großer Begabung, mit der Gabe der
Klarheit, sondern ein wahrer Meister, sowohl in geschriebenen Texten als
auch im lebendigen Wort. Ich habe so viel von ihm gelernt, und ich
denke, dass gerade seine Fähigkeit, zu lehren, den Glauben weiterzugeben
und über den Glauben zu reflektieren, ihn schon fast zu einem
Kirchenvater macht", so Schönborn.
Wiener Kardinal sieht ehemaligen Papst als eine große Persönlichkeit
"Ratzinger wird zu den großen
Persönlichkeiten gehören, an die man sich in den kommenden Jahrhunderten
erinnern wird. Wir werden uns an Joseph Ratzinger im 20. Jahrhundert
genauso erinnern wie an John Henry Newman im 19. Jahrhundert oder an
Thomas von Aquin und Bonaventura von Bagnoregio im 13. Jahrhundert",
erklärte der Wiener Kardinal.
Schönborn: "Das Erbe Ratzingers ist sicher noch nicht erschöpft"
"Das
Erbe Ratzingers ist sicher noch nicht erschöpft, in einigen Jahrzehnten
wird man den Reichtum seines theologischen Werkes besser verstehen.
Unter den vielen Themen denke ich vor allem an sein Werk über Jesus von
Nazareth: Er ist der erste Papst in der Geschichte, der ein theologisch
wissenschaftlich fundiertes Buch über Jesus selbst geschrieben hat, und
es ist wichtig, dass er dies im Dialog mit dem jüdischen Denken,
beginnend mit Jacob Neusner, tat", erklärte Schönborn.