Gastkommentar von Johannes Huber. Nicht-österreichische Fachkräfte beklagen sich darüber, dass die Menschen in Wien unfreundlich seien. Das sollte zu denken geben.
„Mir missfällt, wie schlecht gelaunt und unfreundlich alle
hier sind“, zitiert „Internations“, ein Netzwerk für Personen, die im Ausland
leben und arbeiten, eine schwedische Fachkraft, die in Wien tätig ist. Mit
dieser Einschätzung ist sie offenbar nicht allein: Beim „Expat City Ranking
2022“ wird Wien zwar als lebenswerte Stadt, zugleich aber auch als
unfreundlichste Metropole der Welt ausgewiesen.
Zahlreiche Expats beschreiben die Menschen in Wien als
unfreundlich im Allgemeinen sowie gegenüber Ausländerinnen und Ausländern im
Besonderen. Ein Drittel fühlt sich nicht willkommen. Im internationalen
Vergleich ist das ein außerordentlich hoher Anteil.
Das sollte zu denken geben: Es ist, wenn man so will, ein
offenes Feedback von Leuten, die in der Regel höherqualifiziert sind und die
auch entsprechend gut verdienen; die den Standort stärken und die man daher,
wenn sie noch nicht hier wären, händeringend bitten müsste, in der Stadt zu
kommen. Es würde dem entsprechen, was vereinzelt auch Rechte gerne als gezielte
Zuwanderungspolitik bezeichnen.
Andererseits sollte man nicht vergessen, dass ein gewisser
Grant zur Wiener Seele gehört. Es mag nur ein Mythos sein, dass ein Kellner in
einem klassischen Kaffeehaus nur ein solcher ist, wenn er abweisend-mürrisch
ist, es gibt diesen Typen jedoch und er ist fast schon wieder sympathisch. Sein
Unmut richtet sich nicht gegen den Gast, sondern gegen die Welt und gegen sich
selbst. Jemand, der das nicht kennt, kann das leicht missverstehen und schlicht
persönlich nehmen.
Schlimm ist, dass es darüber hinaus eine zwar nachlassende,
aber noch immer vorhandene Abwehrhaltung gegen Nicht-Österreicher gibt. Sie
wird deutlich, wenn allein schon ein Migrationshintergrund oder – ausgerechnet
durch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) – eine andere als die deutsche
Umgangssprache zum Problem erklärt wird; oder wenn FPÖ-Niederösterreich-Chef
Udo Landbauer warnt, dass bei so vielen Asylantragstellern wie derzeit bald ein
„St. Pölten II“ nötig werden könnte, das dann womöglich „St. Islamabad oder
Rape Town“ heißen werde.
All das täuscht gezielt über Wirklichkeiten hinweg, ist zum
Teil verachtenswert-zynisch und vor allem dazu angetan, jede ausländische
Person zu beleidigen und im Extremfall auch zu verletzen: Geflüchtete aus der
Ukraine, die heuer die mit Abstand größte Zuwanderergruppe bilden, genauso wie
Franzosen oder Amerikaner, die im Durchschnitt sogar einen höheren
Bildungsabschluss haben und finanziell bessergestellt sind als Politikerinnen
und Politiker, die hier vollkommen undifferenziert Stimmung machen. Oder aber
auch Männer und Frauen, die es ernst meinen mit ihrem Asylantrag: Die Statistik
des Innenministeriums zeigt, dass eine Masse, die das nicht zu tun scheint,
Österreich ohnehin nur als Transitland betrachtet und schon wieder weg ist.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik