Gastkommentar von Johannes Huber. Die Forderung des Wiener Bürgermeisters, Einbürgerungen zu erleichtern, ist ein Signal für Rot-Pink-Grün. Eine Debatte darüber scheitert jedoch auch am Widerstand aus den eigenen Reihen.
Die „Krone“ hat sich sehr gewundert darüber, dass der Wiener
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wenige Tage nach der Krawallnacht von Linz
auf die Idee kommt, einen erleichterten Zugang zur österreichischen
Staatsbürgerschaft zu fordern. Es zeigt, wie undifferenziert über solche Fragen
diskutiert wird.
Zuwanderung wird bei weitem nicht nur durch junge Männer
gebildet, die mittellos sind und Probleme machen. Im Gegenteil, das ist eine
Minderheit.
Migration ist divers. Fast die Hälfte der Ausländer, die in
Wien leben, sind Angehörige eines anderen Mitgliedslandes der Europäischen
Union. Die größte Gruppe unter ihnen sind wiederum Deutsche. Unter
Zugewanderten gibt es außerdem zwar viel mehr Menschen mit einem sehr niedrigen
Bildungsabschluss als unter Österreichern, andererseits aber auch einen
beträchtlichen Akademikeranteil von rund 20 Prozent der ab 15-Jährigen. Doch
das wird nicht einmal ignoriert.
Fremde werden eher nur als diejenigen wahrgenommen, die
Schwierigkeiten bereiten; als Manschen, die undenkbar sind, hier leben zu
dürfen und sich nicht integrieren wollen. Die sich die österreichische
Staatsbürgerschaft, wenn schon, dann schon, erarbeiten müssen; die froh sein
sollten, wenn sie sie überhaupt einmal gewährt bekommen.
Daher wird sich Ludwig mit seinem Vorstoß nicht durchsetzen
können. Blaue und Türkise sind dagegen. Und ausgerechnet auch seine
burgenländischen Genossen. „Für uns ist die Neuregelung der Staatsbürgerschaft
kein Thema, und wir verstehen auch die Diskussion aktuell nicht“, lassen sie
wissen.
Das ist interessant: Ein erleichterter Zugang zur
Staatsbürgerschaft ist ein Signal für eine rot-pink-grüne Ampelkoalition.
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gibt sich in Interviews gerne
als Anhänger einer solchen Konstellation. Wenn’s konkret wird, zeigt sich
jedoch, dass eine solche mit ihm nicht zu machen ist. Dann blockt er ab.
Das ist schade, weil die Migrations- und Integrationsdebatte
unter diesen Umständen schwarz-weiß bleibt. Im Grunde genommen kommt nicht
einmal eine Debatte zustande. Ludwig muss daher nicht konkretisieren, wie er es
genau anlegen würde. Türkise, Blaue und einige Rote sagen von vornherein
„Nein!“.
So gehen Chancen verloren. Deutsche zum Beispiel, die unter
den nicht-österreichischen Staatsangehörigen eben eine der größten Gruppen
bilden, zeigen so gut wie kein Interesse, sich einbürgern zu lassen.
Behauptung: Das hat nicht nur damit zu tun, dass sie es als EU-Bürger
vielleicht weniger nötig haben, sondern auch damit, dass sie mit allen
Migranten in einen Topf geworfen werden und sich unerwünscht fühlen müssen.
Das ist ein Eigentor: Weil österreichische Politik unfähig
ist zu einem differenzierten Zugang, schafft sie es auch nicht, etwa
hochqualifizierte Deutsche zu umwerben, hierzulande Wurzeln zu schlagen und
einen rot-weiß-roten Pass anzunehmen. Das wäre ein Standortfaktor. Auf einen
solchen verzichtet man jedoch lieber.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik