Im Sommer erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie haben alle drei großen Netzwerk-Airlines in Europa mehr als 1 Mrd. Euro Gewinn gemacht. Nun setzen sie auf Erholung.
Von Juli bis September verdiente die französisch-niederländische Air France-KLM 1,02 Mrd. Euro (Vorjahr: 130 Mio. Euro), wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Die britisch-spanische Gruppe IAG erzielte bereinigt 1,2 Mrd. Euro, nach 452 Mio. Euro Verlust im Vorjahresquartal. Die Lufthansa verbuchte 1,1 Mrd. Euro.
Airlines profitieren von hoher Nachfrage und gestiegenen Ticketpreisen
Die Airlines profitieren von hoher Nachfrage und gestiegenen Ticketpreisen. Dem taten auch die zahlreichen Flugausfälle durch Personalmangel keinen Abbruch. Der Chef der British-Airways-Mutter IAG, Luis Gallego, konnte so wie zuletzt Lufthansa-Chef Carsten Spohr keine Zeichen dafür ausmachen, dass Inflation und Konjunkturabschwung die Erholung des Luftverkehrs stoppen.
Schwierige Wirtschaftslage im Blick
Dennoch
müsse die schwierigere Wirtschaftslage im Blick bleiben, sagte Gallego.
"Während die Nachfrage stark bleibt, sind wir uns der Unsicherheiten
der Wirtschaftsaussichten und des anhaltenden Drucks auf die Haushalte
bewusst." Im ersten Quartal will IAG mit 95 Prozent eine fast so hohe
Kapazität anbieten wie vor der Coronakrise. Die Öffnung asiatischer
Routen trägt dazu bei.
Airlines setzen auf Erholung
Auch Air France-KLM-Chef Ben Smith wies auf
das unsichere wirtschaftliche Umfeld mit geopolitischen Spannungen hin.
Die Auswirkungen des einsetzenden Konjunkturabschwungs seien nicht
absehbar, während der Inflationsdruck steige. Die Aktien von Air
France-KLM gingen auf Talfahrt, obwohl das Unternehmen mit dem
Quartalsgewinn die Erwartung von Analysten übertraf.
"Sind alle
Befürchtungen einer gesamtwirtschaftlichen Abschwächung unbegründet?",
fragte sich Alex Irving, Branchenanalyst von Bernstein Research. Wie
andere Experten hatte er zuletzt gewarnt, die Nachfrage nach Flügen
könne unter den steigenden finanziellen Lasten für die Verbraucher
leiden. Seine Kollegen Johannes Braun und Marc Zeck von Stifel Research
bleiben skeptisch: "Wir glauben, im nächsten Jahr ist das Umfeld für
Nachfrage und Kosten der europäischen Airlines härter." Bei schwächerer
Nachfrage könnten die Airlines nicht mehr so hohe Ticketpreise
durchsetzen, dass sie höhere Treibstoffkosten ausgleichen könnten.
Ähnlicher Umsatz bei IAG wie bei der Lufthansa
Bei
IAG lag der Umsatz ähnlich wie bei der Lufthansa trotz des fehlenden
Asien-Geschäfts auf einem Niveau wie vor der Coronakrise 2019. Mit 7,33
Mrd. Euro erlöste der Mutterkonzern, dem auch die spanische Iberia
angehört, im dritten Quartal sogar um ein Prozent mehr als im selben
Zeitraum vor drei Jahren. Und das obwohl die Kapazität erst bei 81
Prozent des Vorkrisenniveaus lag - ein Hinweis auf höhere Ticketerlöse.
Bei einer knappen halben Milliarde Euro Verlust in den ersten sechs
Monaten stellte IAG für das Gesamtjahr einen Betriebsgewinn von rund 1,1
Mrd. Euro in Aussicht.
Milliardengewinne bei den Airlines
Air France-KLM erwirtschaftete im dritten
Quartal mit 8,1 Mrd. Euro sogar um 500 Mio. Euro mehr Erlös als vor der
Corona-Krise. In der Hochsaison mussten viele Flüge gestrichen werden
wegen Personalmangels im gesamten Flugbetrieb sowie Streiks an Flughäfen
und von Fluglotsen in Frankreich. Die Lage am KLM-Drehkreuz bleibe
unbefriedigend, auch wenn sich die seit dem Frühjahr herrschenden
Probleme in den betrieblichen Abläufen verbessert hätten, erklärte
Konzernchef Smith.
Im vierten Quartal kalkuliert Air France-KLM mit einem Angebot von 85 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2019, vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Im ersten Quartal 2023 soll die Erholung weitergehen auf 90 Prozent des Vorkrisenniveaus.