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Energieanlagen beschossen: Ukrainer sollen Strom sparen

15-10-2022, 19:38

Im Umland der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist eine Anlage zur Energieversorgung durch einen russischen Raketentreffer schwer beschädigt worden.

Das teilte der Energieversorger Ukrenerho am Samstag mit. Der genaue Ort wurde nicht genannt. Spezialisten arbeiteten daran, für Kiew und die Zentralukraine wieder eine zuverlässige Stromversorgung herzustellen, hieß es. Später wurden die Bürger zum Stromsparen aufgefordert.

Stromsparaufruf nach Raketen-Treffer auf Energieanlagen

"Bitte laden Sie jetzt, vor dem Abend, Mobiltelefone und Powerbanks auf", schrieb der Energieversorger an seine Kunden. Sie sollten ihr Abendessen zudem früher zubereiten, damit bis 23.00 Uhr (Ortszeit, 22.00 Uhr MEZ) "strikt" weniger Strom verbraucht werde. Grund sei, dass der Strom von Starkstromtrassen auf weniger leistungsfähige Leitungen umgeleitet werden müsse, schrieb das Unternehmen bei Facebook. Sollte der Verbrauch stark steigen, seien Notabschaltungen notwendig. "Terroristen versuchen, unsere Umspannwerke zu zerstören, weil sie so vielen Menschen wie möglich den Strom auf einmal entziehen wollen", hieß es weiter.

Wegen der Angriffe aus der Luft war in der gesamten Ukraine morgens zeitweise Luftalarm ausgelöst worden. Auch in der frontnahen Stadt Saporischschja wurden nach Behördenangaben Industrie- und Energieanlagen getroffen. Die Druckwelle einer Explosion habe zudem 16 Wohngebäude beschädigt. Verletzte gebe es aber nicht.

Russland verstärkte Beschuss auf Energie- und Wasserversorgung

Russland hat seit Beginn dieser Woche den Beschuss des ukrainischen Hinterlandes verstärkt und zielt vor allem auf die Zerstörung der Energie- und Wasserversorgung. Russische Quellen berichteten am Samstag von ukrainischem Beschuss auf die Stadt Donezk und auf Nowa Kachowka am Unterlauf des Flusses Dnipro (Dnepr). In Donezk sei eine Frau getötet worden. Unabhängige Bestätigungen für diese Angaben gab es nicht.

Unterdessen ging in der russischen Grenzregion Belgorod nach einem Bombardement neuerlich ein Öldepot in Brand auf. "Wir werden wieder beschossen. Eine der Granaten hat das Öldepot in der Region Belgorod getroffen", erklärte der Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Die Einsatzkräfte seien an Ort und Stelle, es bestehe "kein Risiko", dass das Feuer sich ausbreite, hieß es weiter. Auf einem vom Gouverneur veröffentlichten Foto waren Flammen und Schwaden schwarzen Rauchs zu sehen, die über einem Gebäude aufstiegen.

Neuer Angriff durch ukrainische Armee im Gebiet Cherson

Die ukrainische Armee hat nach russischen Informationen einen neuen Angriff zur Befreiung des besetzten Gebietes Cherson im Süden des Landes begonnen. Allerdings gingen die Angaben am Samstag auseinander. Der Vizechef der Besatzungsverwaltung, Kirill Stremussow, sagte, es habe lediglich Artilleriefeuer gegeben. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, die Attacke sei abgewehrt worden. Dagegen berichteten russische Militärblogger von andauernden erbitterten Kämpfen. Die ukrainische Armee setze viele Panzer und Panzerfahrzeuge ein.

Ziel der Angriffe seien die Orte Dudtschany und Mylowe, um das von russischen Truppen besetzte Gebiet am nordwestlichen Ufer des Dnipro weiter zu verkleinern. Mögliche Rückzugswege der Russen über den Fluss hat die Ukraine mit Artilleriefeuer aus der Ferne in den vergangenen Wochen systematisch abgeschnitten.

110 "Feuermissionen" im Süden der Ukraine

Die ukrainische Armee machte unbestimmte Angaben zu den Operationen im Süden. Demnach gab es "110 Feuermissionen" durch Raketen und Artillerie sowie zwei Luftangriffe, die sich insbesondere gegen Luftabwehrstellungen des Feindes gerichtet hätten, hieß es nach Angaben der Agentur Ukrinform. Die Lage sei gespannt, aber unter Kontrolle. Es seien mehrere russische Drohnen abgeschossen worden, vor der Küste seien elf russische Kriegsschiffe lokalisiert worden. Die Schiffe zum Getreideexport würden aber planmäßig verkehren, allein am Samstag hätten sieben Schiffe mit 101.000 Tonnen Lebensmittel an Bord ukrainische Häfen verlassen.

Von Russland mobilisierte Reservisten werden nach britischen Angaben mit mangelhafter Ausrüstung in den Krieg gegen die Ukraine geschickt. Kontingente russischer Reservisten seien in den vergangenen beiden Wochen in die Ukraine entsandt worden, schrieb das britische Verteidigungsministerium am Samstag in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Das durchschnittliche Niveau ihrer persönlichen Ausrüstung ist mit ziemlicher Sicherheit niedriger als die ohnehin schlechte Versorgung von zuvor eingesetzten Truppen."

Russische Reservisten müssen sich Schutzwesten selbst kaufen

Viele Reservisten müssten ihren eigenen Körperschutz wahrscheinlich selbst kaufen, vor allem eine moderne Schutzweste vom Typ 6B45, die eigentlich im Rahmen des russischen Ausrüstungsprogramms Ratnik generell an Kampftruppen ausgegeben werden sollte. Deren Preis habe sich im russischen Online-Handel seit April mehr als verdreifacht.

Russland hat unterdessen die ersten Soldaten für eine gemeinsame Truppe mit Belarus in das Nachbarland geschickt. Das belarussische Verteidigungsministerium in Minsk bestätigte am Samstag die Ankunft mehrerer Eisenbahnzüge mit russischen Soldaten. Angaben zu den aktuellen Zahlen der Truppenverlegung oder zur künftigen Stärke der Gemeinschaftstruppe wurden nicht gemacht.

Russische Soldaten in Belarus eingetroffen

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte am Montag die Aufstellung einer gemeinsamen regionalen Truppe mit Russland bekanntgegeben. Sie solle angesichts der steigenden Spannungen die belarussische Grenze schützen. Russland hat Belarus als Aufmarschgebiet für den Krieg gegen die Ukraine genutzt und startet von dort auch Luftangriffe auf ukrainische Ziele. Ein eigenes Eingreifen von Belarus in den Krieg wird von Militärbeobachtern bisher für wenig wahrscheinlich gehalten.

(APA/Red)

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