In der Wissenschaft rund um Impfungen (Vakzinologie) diente die Corona-Pandemie als sprichwörtlicher Booster.
Ein europäisches Forschungsteam mit Beteiligung aus Wien untersucht die Wirksamkeit der Covid-19-mRNA-Vakzine bei über 75-Jährigen. Pfizer startet die klinischen Studien für einen mRNA-Impfstoff gegen die saisonale Influenza und hat einen Impfstoff für umfassenden Schutz gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen im Köcher.
Vakzinologie: Corona-Pandemie diente als Booster
Die Covid-19-Vakzine können schwere Erkrankungen verhindern. Nach wie vor ist aber nicht ganz klar, wie oft zum Beispiel betagte Menschen in Zukunft gegen Corona geimpft werden müssen. Sie zeigen häufig eine geringere und kürzer Immunantwort auf die Corona-Impfung. Es stellt sich auch die Frage, ob es in diesen Altersgruppen noch zur Ausbildung eines immunologischen Gedächtnisses für einen Langzeitschutz kommt.
Hohes Alter als Risiko in der Corona-Pandemie
"In der gegenwärtigen Covid-19-Pandemie ist hohes Alter ein Risikofaktor für schwere Krankheitsverläufe einer SARS-CoV-2-Infektion. Ältere Menschen könnten also besonders von Booster-Impfungen
mit wirksamen Impfstoffen profitieren. Die Wissenschaft sollte sich mit
den optimalen Impfstrategien beschäftigen", schrieben jetzt Oliver
Cornely (Zentrum für
Klinische Studien der Universität Köln) und die federführenden
Proponenten der gestarteten EU-COVAT-1-AGED-Studie. Unter ihnen befindet
sich auch Franz König vom Institut für Medizinische Statistik der MedUni Wien.
Vakzinologie: Unterschiedliche Booster-Strategien werden untersucht
In der wissenschaftlichen Untersuchung werden unterschiedliche Booster-Strategien bei einer Gruppe von 600 über 75-Jährigen untersucht. Zunächst war das für die dritte Teilimpfung gegen Covid-19 vorgesehen. Jetzt kommt der vierte Stich als zweiter Booster
hinzu. Per Zufall erhalten die Teilnehmer entweder den mRNA-Impfstoff
von Moderna oder jenen von Pfizer/BioNTech. Analysiert werden sollen die
Immunogenität und die Sicherheit der Vakzine gegen die verschiedenen
SARS-CoV-2-Varianten. Als
primäres Kriterium wird zumindest eine Verdoppelung der
Antikörper-Konzentration gegen SARS-CoV-2 zwei Wochen nach der Impfung
verwendet. Die Probanden werden aber ein Jahr lang regelmäßig untersucht
werden. Zusätzlich wird neben den Antikörpern auch die Funktion der
T-Lymphozyten untersucht. "Die Studienergebnisse haben das Potenzial,
die Impfstrategie gegen Covid-19 in dieser Hochrisikogruppe zu
verbessern", schrieben die Wissenschafter in "Trials" (doi:
10.1186/s13063-022-06791-y).
mRNA-Technologie dürfte Rolle mit Impfungen gegen Influenza spielen
Die mRNA-Technologie dürfte
jedenfalls in Zukunft neben Covid-19 und der Krebsimmuntherapie auch
eine Rolle mit Vakzinen gegen die Influenza spielen. Der
US-Pharmakonzern Pfizer hat vor kurzem in den USA eine große
Wirksamkeitsstudie mit 25.000 Probanden im Alter von über 18 Jahren mit
einem ursprünglich von BioNTech entwickelten Grippeimpfstoff gestartet.
Er soll gegen vier Influenzastämme - zwei Influenza A- und zwei
Influenza B-Varianten - wirken. Der in Entwicklung befindliche Impfstoff
wird die mRNA enthalten, die den von der Weltgesundheitsorganisation für die Influenzasaison 2022/2023 empfohlenen Antigenen entspricht.
Luft nach oben mit neuen Impfungen
"Jedes
Jahr haben die derzeit verfügbaren Vakzine - selbst wenn sie gut an die
zirkulierenden Virusstämme angepasst sind, nur eine Wirksamkeit von 40
bis 60 Prozent. Entsprechen die Vakzine den Virusvarianten weniger gut,
liegt die Schutzrate sogar noch niedriger", schrieb Pfizer in einer
Aussendung. Hier wäre mit Sicherheit noch Luft nach oben mit neuen
Vakzinen.
Impfung gegen Meningokokken könnte in Zulassungsverfahren kommen
In absehbarer Zeit könnte in die Zulassungsverfahren
durch die Arzneimittelbehörden eine neue Vakzine von Pfizer gegen
potenziell lebensgefährliche Meningokokken-Infektionen kommen, die
besonders bei Säuglingen, Kleinkindern und Jugendlichen gefürchtet sind.
Meningokokken verursachen hauptsächlich Hirnhautentzündung
(Meningokokken-Meningitis) und/oder Blutvergiftung
(Meningokokken-Sepsis). Eine Sepsis entsteht durch das Eindringen und
die darauffolgende Ausbreitung von Bakterien in den Blutkreislauf. In
weiterer Folge kann es durch bakterielle Toxine und die Abwehrreaktion
des Immunsystems zu einer lebensbedrohlichen Störung des Kreislaufs und
der Organe kommen. Bei einer Erkrankung ist eine sofortige
Antibiotikatherapie entscheidend. Viel besser ist natürlich ein
Impfschutz.
Weiterentwicklung der Corona-Impfstoffe wäre wichtig
Auf diesem Gebiet wäre eine Weiterentwicklung der Corona-Impfstoffe wichtig. Laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) stehen derzeit in Österreich Impfungen gegen Meningokokken der Serogruppe B, der Serogruppe C beziehungsweise eine kombinierte Impfung gegen Meningokokken der Gruppen A, C, W und Y zur Verfügung. Hier hat Pfizer vor kurzem eine große Wirksamkeitsstudie mit einem Fünffach-Meningokokken-Impfstoff abgeschlossen, der alle diese Erregervarianten umfasst (ABCWY). Die 2.431 Probanden im Alter zwischen zehn und 25 Jahren erhielten im Rahmen der Untersuchung entweder zwei Dosen herkömmlicher Vakzine (gegen die Stämme B und daneben jene gegen ACWY) oder zwei Dosen des Fünffach-Impfstoffes. Laut dem Konzern entsprachen die Immunogenität und die Nebenwirkungsraten der Fünffach-Vakzine jener der bisher vorhandenen Impfstoffe. Pfizer will bereits in den kommenden Wochen bei der US-Arzneimittelbehörde FDA einen Zulassungsantrag stellen.