Durch die Lecks an den Nord-Stream-Gaspipelines ist offenbar weniger Methan als befürchtet ausgetreten. Insgesamt sind laut Experten etwa 70.000 Tonnen des klimaschädlichen Gases freigesetzt worden.
Die Daten von Überwachungsstationen in ganz Europa hätten gezeigt, dass durch die Lecks an den Nord-Stream-Gaspipelines 70.000 Tonnen Methan freigesetzt worden seien, so Wissenschafter der französischen Kommission für Atomenergie und alternative Energien (CEA) am Mittwoch. Zuvor war der Austritt von bis zu 300.000 Tonnen befürchtet worden.
Gasaustritt aus Nord-Stream-Pipelines weitgehend versiegt
Die geschätzte Menge, die freigesetzt wurde, entspreche
zwei Prozent der französischen Kohlenstoffemissionen oder den Emissionen
von Paris für ein ganzes Jahr, sagte Philippe Ciais. Wissenschafter
hatten sich besorgt über die Klima- und Umweltauswirkungen durch die
Lecks geäußert. Auch sie betonten jedoch, dass die betroffenen
Methanmengen nur einen Bruchteil der weltweiten Emissionen ausmachten.
In der vergangenen Woche waren insgesamt vier Lecks an den Pipelines Nord Stream
1 und 2 entdeckt worden, die von Russland durch die Ostsee nach
Deutschland führen. Alle Lecks befinden sich nahe der dänischen Insel
Bornholm, zwei davon in der Wirtschaftszone Dänemarks und die beiden
anderen in der Wirtschaftszone Schwedens. Die Leitungen sind zwar nicht
in Betrieb, waren aber aus technischen Gründen mit Gas gefüllt.
Mittlerweile ist der Gasaustritt weitgehend versiegt.
Einem dänisch-schwedischen Bericht für den UN-Sicherheitsrat zufolge waren die Lecks von Unterwasser-Explosionen mit einer Sprengkraft wie "hunderte Kilo" Sprengstoff verursacht worden. Sowohl der Westen als auch Russland erhoben die Anschuldigung, es handle sich um Sabotage. Der russische Präsident Wladimir Putin warf dem Westen vor, hinter den Explosionen zu stecken.
Russland sieht Nord Stream 2 in Kürze einsatzbereit
Unterdessen betonte der russische
Vizeregierungschef Alexander Nowak, Moskau könne "in kürzester Zeit"
durch den unbeschädigten Teil von Nord Stream
2 Gas liefern. Dazu müssten die Europäer "die notwendigen rechtlichen
Entscheidungen über die Zertifizierung und die Aufhebung der
Beschränkungen" für diese Pipeline treffen, sagte Nowak am Mittwoch im
Staatsfernsehen.
Die NATO geht von einem Sabotage-Akt an den Nord-Stream-Pipelines aus und zeigt sich im Fall von Angriffen auf kritische Infrastruktur zur Gegenwehr entschlossen. "Alle derzeit vorhandenen Informationen deuten darauf hin, dass dies das Ergebnis eines absichtlichen, rücksichtslosen und unverantwortlichen Akts der Sabotage ist", erklärte das Militärbündnis mit Blick auf die Lecks an den Gaspipelines in der Ostsee.
NATO sichert Unterstützung bei Klärung der Nord-Stream-Lecks zu
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte: "Jedem
vorsätzlichen Angriff auf die kritische Infrastruktur von Verbündeten
wird mit einer geschlossenen und entschlossenen Antwort begegnet." Ein
möglicher Verantwortlicher wird in dem Statement nicht genannt. Bereits
am Vortag hatte auch Stoltenberg - ebenfalls ohne Schuldzuweisung - von
Sabotage gesprochen.
Man habe sich dazu verpflichtet, sich auf den "Einsatz von Energie und anderer hybrider Taktiken durch staatliche und nicht-staatliche Akteure" vorzubereiten, sie abzuschrecken und abzuwehren. Die Beschädigung der beiden Pipelines Nordstream gebe Anlass zu großer Sorge. Die Lecks gefährdeten die Schifffahrt und verursachten erhebliche Umweltschäden. "Wir unterstützen die laufenden Ermittlungen zur Klärung der Schadensursache."