Die Entscheidung um die Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl in Tirol ist gefallen: ÖVP-Chef Anton Matttle setzt auf Georg Dornauer und die SPÖ.
Acht Tage nach der Tiroler Landtagswahl und einigen Sondierungsrunden sind gefallen: ÖVP-Landesparteiobmann Anton Mattle kündigte Montagabend vor Journalisten im Landhaus in Innsbruck an, dass seine Partei ab Dienstag mit der SPÖ über die Bildung einer Zweierkoalition verhandeln wird. Zuvor hatte sich Mattle die Entscheidung, die allerorts erwartet worden war, noch parteiintern absegnen lassen.
Nach Tirol-Wahl: ÖVP und SPÖ führen Koalitionsgespräche
Vor Beginn der ersten Verhandlungsrunde wollen
Mattle und SPÖ-Chef Georg Dornauer in einer Pressekonferenz unter
anderem den genauen Fahrplan und "Modus Vivendi" für die Verhandlungen
bekanntgeben. Man habe in den bisherigen Gesprächen mit den
Sozialdemokraten einen "Weg gefunden, der Gemeinsamkeiten stark
herausstreicht, um schnell ins Arbeiten zu kommen", betonte Mattle. Es
hätten sich keine "unüberwindbaren Hürden" herauskristallisiert - im
Gegensatz zu den Gesprächen über in Frage kommende Dreierkoalitionen.
Mattle nannte dabei den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal, den er
unbedingt will, der aber für andere Parteien außer der SPÖ ein "nicht
gangbarer Weg" gewesen sei.
Bis zum 25. Oktober will der ÖVP-Obmann, dass die Regierung "idealerweise" steht. Am 30. Oktober steht die konstituierende Sitzung des Landtages am Programm.
Regierung in Tirol "idealerweise" bis 25. Oktober
"Zuversichtlich",
"rasch" eine "mögliche Zweierkoalition" zeigte sich Montagabend auch
Dornauer, der kurz nach Mattle vor die Presse trat. Die Gespräche werde
man "ergebnisoffen" führen, so Tirols
oberster Roter, der sogleich auch beteuerte, "orten" zu können, dass
vonseiten der ÖVP "ernsthaftes Interesse bekundet wurde" und man sich
"auf Augenhöhe" begegnete. Er habe schon seit Juli gesagt, dass "das
Land angesichts der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen eine
stabile Regierung braucht".
Zuletzt waren noch zwei "Dreiervarianten" im Raum gestanden - nämlich eine Koalition aus ÖVP, Grünen und NEOS sowie eine ÖVP/Liste Fritz/NEOS-Konstellation. Beides dürfte nun - sollten die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen nicht überraschenderweise scheitern - endgültig vom Tisch sein. Neben der SPÖ hätte es für die Volkspartei noch die Möglichkeit einer Zweierkoalition mit der zweitstärksten Partei bei der Wahl am 25. September, der FPÖ, gegeben. Eine Koalition mit den Freiheitlichen hatte Mattle allerdings bereits im Wahlkampf ausgeschlossen und die Absage nach der Wahl erneuert.
Schwarz-Rot nach Tirol-Wahl als wahrscheinlichste Variante
Schwarz-Rot galt stets als die wahrscheinlichste
Variante. Das hat auch damit zu tun, dass sich bedeutende ÖVP-Granden
aus Bünden und Kammern dafür ausgesprochen und ein Verhandlungen über
eine Dreierkoalition eine Absage erteilt hatten. Besonders in
ÖVP-Wirtschaftsbund sowie Bauernbund gab es zudem starke Vorbehalte
gegen die Grünen, mit denen die ÖVP seit 2013 in Tirol
regierte. Zudem sprachen auch die Mehrheitsverhältnisse im Landtag für
Schwarz-Rot, verfügte eine solche Koalition doch über 21 der 36 Mandate.
Die zur Debatte gestandenen Dreierkoalitionen hätten hingegen nur eine
knappe Mehrheit von 19 Mandaten bedeutet. Mattle betonte jedoch stets,
vom ÖVP-Vorstand ein Pouvoir zu haben, sowohl eine Zweierkoalition als
auch eine Dreiervariante auszuloten. Immer wieder sprach er von einer
Dreierkonstellation als interessanter Option.
Kurz nach der Verkündung brachten die Tiroler NEOS in einer Aussendung bereits ihr "Bedauern" zum Ausdruck. Sie orteten einen "Rückschritt in die 1990er Jahre" anstelle einer "Reformregierung". "Die ÖVP wird von ihren Bünden dominiert und diese verhindern sich nicht nur gegenseitig, sondern vor allem die Zukunftsaussichten unseres Landes", kritisierte der pinke Landessprecher Dominik Oberhofer. Ihm sei gerade in den Sondierungsgesprächen der letzten Tage bewusst geworden, dass "im Gegensatz zu NEOS" niemand ein Konzept für den Rechtsanspruch der Kinderbetreuung habe.
Tiroler Grüne ließen Tür für Dreierkoalition bis zuletzt offen
Der
bisherige ÖVP-Koalitionspartner Grüne hatte indes am Sonntag Bilanz
gezogen und die Tür für eine Dreierkoalition offen gelassen. Die ÖVP
habe noch nicht "den notwendigen Mut zum Umsteuern in Tirol"
gezeigt. Vier umwelt- und sozialpolitischen Anliegen seien für die
Grünen ausschlaggebend, um doch noch in einer möglichen Dreierkoalition
zu landen: die Alternativenprüfung des Kraftwerks Kaunertal, der
Gletscher- und Klimaschutz, die Transit-Lösung am Fernpass und die
Stundenreduktion in der Pflege. Man sei aber weiterhin zu Gesprächen
bereit, verdeutlichte Klubobmann Gebi Mair gegenüber der APA.
Eine schwarz-rote Landesregierung wäre alles andere als ein Novum in Tirol. Eine solche Konstellation regierte das Bundesland bereits - nach Ende des Proporzsystems - seit Ende der 1990er-Jahre bis ins Jahr 2013 unter wechselnden ÖVP-Landeshauptleuten und ebenso wechselnder SPÖ-Spitze. Erst nach der Landtagswahl im Jahr 2013 entschied sich Noch-Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) für eine Art Neuanfang, kegelte die Sozialdemokraten aus der Regierung und ging ein Bündnis mit den Grünen ein.
ÖVP bei Landtagswahlen in Tirol abgestürzt, FPÖ auf Platz 2
Die ÖVP hatte bei der ein Minus von 9,55 Prozentpunkten hinnehmen müssen und war bei 34,71 Prozent gelandet - ein Tiefpunkt in der Geschichte der Tiroler Landespartei, die das Bundesland seit 1945 federführend regiert. Die SPÖ fuhr lediglich ein Plus von 0,23 Prozentpunkten ein, kam auf - angesichts der Ausgangslage - enttäuschende 17,23 Prozent und verlor den zweiten Platz an die FPÖ. Im Wahlkampf hatte SPÖ-Chef Georg Dornauer keinen Zweifel offen gelassen, dass es sein primäres Ziel ist, die Sozialdemokraten nach fast zehn Jahren zurück in die Regierung zu führen und mit der ÖVP zu koalieren.