Gastkommentar von Johannes Huber. Österreichische Innenpolitik hat in der Jahrhundertkrise nichts anderes zu tun, als über energieintensive Heizungen in Außenbereichen zu streiten. Ein Armutszeugnis.
1,3
Milliarden Euro stellt die Bundesregierung heimischen Unternehmen
vorerst zur Verfügung, damit sie die extremen Energiekosten bewältigen
können. Das ist wieder so eine Notmaßnahme, die am Grundproblem nichts
ändert: Das Preisniveau bleibt wie es ist. Doch das ist ein anderes
Problem, das wohl nur schwer lösbar ist. Hier geht es darum, worüber
Politiker streiten. Die Auflage nämlich, dass die Betriebe in
Außenbereichen keine Heizschwammerln betreiben dürfen und dass bei
Skiliften die Sitzheizungen abgedreht bleiben müssen.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) war das wichtig. Ein
Flutlichtverbot für Wintersportorte konnte sie nicht durchsetzen, das
aber schon.
Dafür erntet sie heftige Kritik.
FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser, ein Nationalratsabgeordneter aus
Tirol, spricht von einem „Anschlag auf unsere Gastronomiebetriebe“. Gut,
Hauser gehört einer Oppositionspartei an. Da redet man so.
ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer äußert sich jedoch ähnlich: Er unterstellt
Gewessler nicht nur, „offenbar im grünen Wintermärchen“ zu leben,
sondern de facto auch, die ohnehin schon existenzbedrohliche Situation
für viele Betriebe zu verschärfen.
Hier wird
ein bisschen auf „Insel der Seligen“ gemacht, jedenfalls aber
Realitätsverweigerung betrieben. Es ist ein Armutszeugnis: Man muss die
ganze Geschichte im großen Kontext sehen. In den kommenden Monaten droht
eine gefährliche Energieknappheit. Sie könnte jederzeit durch
Sabotageakte, wie diese Woche bei den Gaspipelines „Nord Stream 1“ und
„2“, Realität werden.
Dem muss man sich
stellen. Andere Länder tun dies mit angemessener Ernsthaftigkeit. In der
Schweiz hat die Regierung längst angekündigt, dass Skigebiete bei
Knappheit ihren Betrieb einschränken müssen. Und überhaupt: Die Stadt
Zürich hat ihren Bürgern gerade eine Einkaufsliste zusammengeschrieben,
der zu entnehmen ist, was sie sich für einen möglichen, länger
anhaltenden Stromausfall („Blackout“) besorgen sollen, um bis zu eine
Woche lang zu Hause ausharren zu können.
Aber
in Österreich redet man von einem Verbot von Sitzheizungen und
Heizschwammerln. Das sind symbolische Maßnahmen, die man durchaus
begründen kann. Alles, was Energie spart, ist gut, solange dadurch nicht
Elementares wie die Gesundheitsversorgung gefährdet wird. Nicht
beheizte Sessellift-Sitzflächen sind ein Luxusproblem. Nicht benützbare
Terrassen und Schanigärten bei Lokalen in kalten Winternächten sind es
ebenfalls – sofern der Betreiber nicht gerade mit dem Kalkül groß
investiert hat, hier 2022/23 ordentliche Umsätze tätigen zu können. Dann
aber sollte es möglich sein, ihm durch eine Sonderförderung zu helfen.
Daran sollte es nicht scheitern.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik