Gastkommentar von Johannes Huber. Der Bundespräsident kann mit einer Bestätigung im Amt rechnen. Und das ist alles in allem auch gut so.
Alexander Van der Bellen kann davon ausgehen, schon in der
ersten Runde der Bundespräsidenten-Wahl, also am 9. Oktober, im Amt bestätigt
zu werden. Und das ist alles in allem auch gut so. Die einen mögen ihm
vorwerfen, bei türkisen Korruptionsaffären nicht so deutlich geworden zu sein
wie bei blauen (was korrekt ist), die anderen, ein Linker zu sein (was nur
insofern zutreffend ist, als er kein Rechter ist). Summa summarum ist der
78-Jährige eher ein Mann einer breiten Mitte. Das kommt etwa dadurch zum
Ausdruck, dass er auch von sehr vielen Bürgerlichen unterstützt wird, wie
aktuelle Umfragen sowie Analysen zu den Bundespräsidenten-Wahlen 2016 zeigen.
Wichtiger als das ist jedoch, dass Van der Bellen in den
vergangenen sechs Jahren keine gesellschaftlichen Gruppen gegeneinander
ausgespielt hat, sondern – zu Beginn der Pandemie etwa – den Zusammenhalt
betont hat. Und dass er dann, wenn’s epidemiologisch oder politisch eng
geworden ist, Ruhe bewahrt hat. Darauf wird es auch in den kommenden Wochen und
Monaten ankommen.
Die Bundesregierung unter Führung von Karl Nehammer (ÖVP)
versagt in der Funktion, den Menschen zu erklären, was ist und worauf sie sich
gefasst machen müssen, kläglich. Sie tut so, als könne sie zum Beispiel in
Bezug auf die Energieversorgung und die Teuerung alles regeln. Das wird sich in
Bälde jedoch aufhören. Und zwar dann, wenn der Staat an seine Grenzen gestoßen
sein wird. Die Bürgerinnen und Bürger darauf vorzubereiten, wäre wichtig.
Genauso wie auf andere Folgen, die mit dem Krieg in der Ukraine einhergehen
könnten. Bis hin zum Einsatz von Atomwaffen ebendort. Spätestens dann ist es
nicht nur entscheidend, dass das Möglichste getan wird, sondern auch, dass es
jemanden gibt, der die richtigen Worte findet. Das kann ein Land stark machen.
Dass Van der Bellen beste Chancen hat, sich bei der
Bundespräsidenten-Wahl durchzusetzen, hängt auch mit seinen Mitbewerbern
zusammen. Allen voran Walter Rosenkranz (FPÖ). Er ist der falsche Mann.
Genauer: FPÖ-Chef Herbert Kickl hat sich bei der Entscheidung, ihn ins Rennen
zu schicken, verspekuliert.
Rosenkranz sollte ein rechtskonservatives Lager ansprechen.
Und zwar durchaus auch ein gemäßigtes, um ÖVP-Anhängern zu gefallen. Bei den
gemäßigten Wählern scheint er sich gegen Van der Bellen jedoch nicht
durchsetzen zu können. Sofern er es überhaupt versucht. Wahrnehmbar ist es
nicht. Und bei weiter rechts stehenden Wählern sind Rosenkranz die beiden
Mitbewerber Tassilo Wallentin und Gerald Grosz in die Quere gekommen. Mit ihnen
muss er sich gut 30 Prozent teilen.
Van der Bellen hätte wohl nicht einmal dann etwas zu
befürchten, wenn er im ersten Wahlgang unter 50 Prozent bleiben würde und daher
eine Stichwahl erforderlich werden würde. Dann wären erst recht zwei Dinge zu
seinem Vorteil: Dass er die Mitte anspricht. Und dass er Gelassenheit
verkörpert. Gerade in turbulenten Zeiten ist das eine Qualität.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik