Gastkommentar von Johanes Huber. Die Sache mit der Wien Energie trifft die Partei ganz brutal. Wenn sie nicht regiert, riskiert sie massive Verluste – und die Aussicht aufs Kanzleramt.
Wien Energie, war da was? Sozialdemokratische Spin-Doktoren,
deren Job es ist, Geschichten so zu drehen, wie es ihnen gefällt, sprechen
gerne von einem „Sturm im Wasserglas“. Es ist jedoch viel mehr: Dass zum
Beispiel ein Bürgermeister (Michael Ludwig, SPÖ) zwei Mal eine Notkompetenz in
Anspruch nimmt, um jeweils 700 Millionen Euro bereitzustellen, ist
außergewöhnlich. So etwas darf er nur tun, wenn – buchstäblich – Not am Mann
ist. Dass die Bundesregierung kurzfristig einen Kredit über zwei Milliarden zur
Verfügung stellen muss, ist auch nicht normal. Im besten Fall sind es allein
die derzeitigen Turbulenzen auf den Energiemärkten, die das notwendig gemacht
haben. Im schlimmsten Fall ist Wien Energie auch zu große Risiken eingegangen.
Nicht zuletzt eine Überprüfung durch den Rechnungshof wird belastbare Antworten
darauf liefern.
Das Verhalten der Stadtverantwortlichen hat aus der Sache
unabhängig davon allerdings schon einen Sturm für die SPÖ gemacht: Wenn
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Sonntagabend nicht in die Medien
gegangen wäre, hätte man womöglich nie etwas erfahren von der ganzen
Geschichte. Ludwig, aber auch Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ), hatten sie ja
bis zuletzt geheim gehalten. Bei Brunner mögen nun auch parteipolitische Motive
im Spiel gewesen sein, zu schweigen wäre jedoch verantwortungslos gewesen: Es geht
um Milliarden an Steuergeldern. Unter diesen Umständen hat die Öffentlichkeit
einen Anspruch darauf, informiert zu werden. Auch wenn es sich nur um eine
Überbrückung handeln sollte, wie Ludwig beschwichtigt: Es kann nicht zu 100
Prozent ausgeschlossen werden, dass die Milliarden verloren sind.
Die SPÖ wird Konsequenzen ziehen müssen: Pamela Rendi-Wagner
und Michael Ludwig können nicht länger so tun, als wäre alles paletti: Durch
die Summen, die nun zur Besicherung der Wien Energie erforderlich geworden sind
und durch die bisherige Geheimniskrämerei ist es zu einem Vertrauensverlust
gekommen; und zwar sowohl in die Partei als auch in die Stadt. Jetzt sind
Maßnahmen gefragt, Vertrauen wieder herzustellen.
Sonst gehen die Umfragewerte der Partei runter wie
Börsenkurse in schlechten Zeiten, folgen am Ende Wahlniederlagen, zunächst in
Wien, dann auf Bundesebene: Rendi-Wagner kann dort nur gewinnen, wenn es bei
einer Nationalratswahl auch in der Millionenstadt ein ordentliches Ergebnis
gibt. Sonst verliert sie und schafft es auch nicht ins Kanzleramt. Ob ihr das
klar ist? Nach außen hin lässt sie daran zweifeln, wenn sie Wien Energie etwa
auf eine kommunale Angelegenheit reduziert, die sie nicht tangiert; in
Wirklichkeit sollte sie es jedoch wissen.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik