Experten gehen davon aus, dass die weiter grassierende Vogelgrippe eine ernste Bedrohung für Seevögel an Deutschlands Küsten darstellt.
Bei Ausbrüchen in Kolonien an Nord- und Ostseeküste seien zwischen Mai und Juli dieses Jahres Tausende Vögel gestorben, teilte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald auf Anfrage mit. "Überlebende Küken in den Nestern verhungerten oder erlagen ebenfalls der Infektion."
Brutkolonien erlitten demnach einen "existenzgefährdenden Einbruch", warnten die Experten. Zuvor hatten die "Kieler Nachrichten" berichtet. Nach FLI-Angaben kam es in dem Zeitraum erstmals zu entsprechenden Ausbrüchen in den norddeutschen Kormoran-, Möwen-, Brand- und Flussseeschwalbenkolonien. Die Küsten seien besonders betroffen, weil hier die Kolonien vergleichsweise groß seien. "Für die Jahreszeit beobachten wir in Deutschland eine ungewöhnlich starke Virusaktivität, die sich besonders im Bereich der Nord- und Ostseeküsten zeigt." Zwar habe es einen deutlichen Rückgang im Frühjahr gegeben. Es gebe aber weiterhin Nachweise. Diese wiesen darauf hin, dass das Virus auch im Sommer weiter zirkuliere.
"Das Geschehen ist nach wie vor dynamisch, und die
Zahlen ändern sich täglich", hieß es. Nach Angaben von Mitte der Woche
waren 14 Bundesländer betroffen. Demnach gab es 2022 fast 1030 Nachweise
bei Wildvögeln und 36 gemeldete Ausbrüche in Haltungen.
Kürzlich
war es auch auf unbewohnten Inseln im Nordosten Englands, die als eines
der wichtigsten Naturschutzgebiete Großbritanniens gelten, zu einem
verheerenden Ausbruch gekommen. Dort war die Rede davon gewesen, dass es
seit etwa 100 Jahren keine derart bedrohliche Situation für die
Seevögelpopulationen gegeben habe. Ob es sich um denselben Subtypen
handelte, konnte das FLI zunächst nicht sagen.
Das FLI schätzt
auch den Eintrag in Geflügelhaltungen an Deutschlands Küsten weiterhin
als hoch ein - ansonsten aber als gering. Der Erreger ist für
Hausgeflügel hochansteckend. Das FLI empfiehlt weiterhin entsprechende
Sicherheitsmaßnahmen. Infektionen beim Menschen seien grundsätzlich
möglich, vor allem bei engem Kontakt. Sie blieben im Zusammenhang mit
dem derzeit zirkulierenden Virus bisher allerdings weitgehend
symptomlos.