Zwei neue Studien sehen in einem Tiermarkt im chinesischen Wuhan den Ausgangspunkt der Corona-Pandemie. Die These eines Laborunfalls als Ursache wird entkräftet.
Die Untersuchungen hätten gezeigt, "dass es einfach nicht plausibel ist, dass dieses Virus auf eine andere Weise als durch den Handel mit Wildtieren auf dem Markt von Wuhan eingeschleppt wurde", sagte einer der Autoren der Studien, der Virologe Michael Worobey von der University of Arizona, am Dienstag.
Wissenschafter sehen keine Belege für Corona-Ursprung durch Laborunfall
Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht. Studienautor Worobey hatte im vergangenen Jahr einen offenen Brief unterzeichnet, in dem dazu aufgerufen wurde, die Theorie eines Laborunfalls im Institut für Virologie in Wuhan weiter in den Blick zu nehmen. Die seitdem gesammelten Erkenntnisse hätten ihn aber zum Umdenken bewegt, sagte der Virologe nun. Das Virus sei "auf diesem Markt entstanden und hat sich von dort aus ausgebreitet."
Studien-Mitautor Kristian Andersen vom
Scripps Research Institute sagte, die Theorie eines Laborlecks sei zwar
nicht widerlegt. Es sei aber wichtig zu verstehen, "dass es mögliche
und wahrscheinliche Szenarien gibt. Und dass möglich nicht gleich
wahrscheinlich ist."
Die beiden Studien zum Corona-Ursprung waren bereits als sogenannte Preprints veröffentlicht worden. Nach einer Begutachtung durch unabhängige Experten erscheinen sie nun in der renommierten Fachzeitschrift "Science".
Geografische Verteilung der ersten Corona-Fälle ausgewertet
In der ersten Untersuchung
wurde die geografische Verteilung der ersten Covid-Fälle im Dezember
2019 analysiert, wobei sich zeigte, dass diese eng um den
Huanan-Tiermarkt in Wuhan herum angesiedelt waren. Einige der ersten
Patienten, die in der jüngeren Vergangenheit den Markt nicht besucht
hatten, lebten in unmittelbarer Nähe des Marktes.
Die Forscher analysierten zudem Virus-Proben, die sie im Jänner 2020 auf dem Markt genommen hatten. Den Angaben zufolge konzentrierten sich diese auf den südwestlichen Teil des Marktes, wo lebende Tiere wie Füchse oder Marderhunde verkauft wurden.
Genom-Analyse des Coronavirus bei ersten Patienten
Die zweite Studie nahm eine Genom-Analyse des Virus vor, das bei den ersten Corona-Patienten nachgewiesen wurde. Dabei untersuchten die Forscher zwei Abstimmungslinien des Erregers. Sie kamen zu dem Schluss, dass beide bei verschiedenen Ereignissen, im November und Dezember 2019, von Tieren auf dem Markt auf Menschen übergesprungen sind. Es sei unwahrscheinlich, dass das Virus vor November 2019 beim Menschen zirkulierte, schrieben die Wissenschafter.
Labor-Theorie auch laut WHO-Experten "extrem unwahrscheinlich"
Die Corona-Pandemie hatte Ende 2019 in Wuhan ihren Ausgang genommen. Schon bald war darüber spekuliert worden, dass das Virus bei einem Unfall im Institut für Virologie in Wuhan entwichen sein könnte, in dem an Coronaviren geforscht wird. Die chinesische Regierung bestreitet dies energisch.
Erst im Jänner 2021 konnte
dann ein internationales Experten-Team der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) Wuhan besuchen. Der von den Experten vorgelegte Bericht lieferte
aber keine klaren Ergebnisse zum Ursprung der Pandemie. Die sogenannte
Labor-Theorie stuften die WHO-Experten damals als "extrem
unwahrscheinlich" ein.
An dem Bericht und der Untersuchung selbst waren aber schnell Zweifel und Kritik laut geworden. Viele Länder äußerten Besorgnis darüber, dass den internationalen Experten bei ihrer Untersuchung in China Zugang zu wichtigen Daten verwehrt worden sei. Weitere Untersuchungen, wie auch von WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus gefordert wurden, lehnt die chinesische Regierung bisher vehement ab.