Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am Samstag den Affenpocken-Ausbruch zu einer "Notlage von internationaler Tragweite" erklärt.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rief damit am Samstag in Genf die höchste Alarmstufe aus, die sie bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann. Praktische Folgen hat das nicht. Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen.
Sie
sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen
Schutzmaßnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor
einer Ansteckung schützen kann. Tedros nannte die Zahl von mehr als
16.000 bestätigten Fällen in mehr als 60 Ländern, von denen viele vorher
praktisch keine Affenpocken-Fälle kannten. In sechs afrikanischen
Ländern, in denen das Virus schon früher auch Menschen infiziert hat,
waren es über 240 Fälle. In Österreich wurden laut AGES bisher 99 Fälle
von Affenpocken gemeldet (Stand 22. Juli). Die Erkrankung ist
meldepflichtig.
Ein Ausschuss aus unabhängigen Fachleuten hatte sich zuvor nicht auf eine gemeinsame Empfehlung geeinigt, ob eine Notlage ausgerufen werden sollte. Die englische Abkürzung für eine Notlage ist PHEIC. Das steht für "public health emergency of international concern".
Auch den Ausbruch des Coronavirus
SARS-CoV-2 hatte die WHO am 30. Jänner 2020 als solche Notlage
deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei
Affenpocken auf dieselben Maßnahmen wie bei der Corona-Pandemie
einrichten müssen. Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit
Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder
Husten ausstoßen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem
Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.
Die WHO
richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit
jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zur Zeit gilt neben der
Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).
Abgeschlossene Notlagen waren der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1 (2010), des Zika-Virus (2016) und von Ebola (2014-2016 und 2019). Die WHO hatte seinerzeit auch Notfallausschüsse wegen Mers-CoV (2013-2015) und wegen Gelbfieber (2016) einberufen. Die dazu konsultierten Fachleute kamen aber nicht zu dem Schluss, dass eine Notlage internationaler Tragweite erklärt werden sollte.