Das EU-Parlament will das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufnehmen. Das oberste Gericht der USA hatte vor kurzem das Recht auf Abtreibung gekippt.
Die Abgeordneten nahmen am Donnerstag in Straßburg eine entsprechende Resolution an, in der sie sich auch mit den Mädchen und Frauen in den USA solidarisierten. Das Europaparlament verurteile nachdrücklich den Rückschritt bei Frauenrechten, hieß es in der Erklärung.
Hintergrund für den Schritt des Parlaments ist eine Entscheidung des US-amerikanischen Supreme Courts, der das bis dahin verhältnismäßig liberale Abtreibungsrecht des Landes Ende Juni gekippt hatte. Der mehrheitlich konservativ besetzte Gerichtshof ermöglichte damit strengere Abtreibungsgesetze bis hin zu Verboten. Mehrere US-Bundesstaaten setzten nach der Entscheidung weitgehende Abtreibungsverbote in Kraft - in mehreren Bundesstaaten soll ein Recht auf Abtreibung aber bestehen bleiben.
"Das war keine
Mehrheitsentscheidung der amerikanischen Bürger*innen, sondern die
Entscheidung weniger, meist männlicher Politiker, die sich anmaßen, über
den Körper von Frauen bestimmen zu wollen. Das sollte uns in Europa ein
Warnsignal sein", warnte die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner in
einer Aussendung. "Denn auch wenn die Ablehnung von Abtreibungsverboten
in Europa hoch ist, gibt es auch bei uns einen starken organisierten
Aktivismus, der häufig aus den USA unterstützt wird. Darüber hinaus gibt
es fast überall in der EU auch rechtliche und tatsächliche
Beschränkungen für Schwangerschaftsabbrüche."
Die deutsche
Grünen-Abgeordnete Terry Reintke sagte: "Ideologische Grabenkämpfe
dürfen nicht länger auf dem Körper und der Gesundheit von Frauen
ausgetragen werden." Viele Abgeordnete der Konservativen und
Christdemokraten - darunter EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) -
stimmten gegen die Resolution.
In der EU gelten zum Teil strikte
Abtreibungsgesetze: In Malta sind Schwangerschaftsabbrüche verboten -
bei illegalen Abtreibungen droht den Betroffenen eine Gefängnisstrafe.
Polen hatte sein strenges Abtreibungsgesetz im Herbst 2020 verschärft.
Seitdem sind Abtreibungen nur nach Vergewaltigungen erlaubt oder wenn
das Leben oder die Gesundheit der Mutter in Gefahr sind. Die Familie
einer Anfang des Jahres gestorbenen Mutter hatte nach der
Gesetzesänderung schwere Vorwürfe gegen behandelnden Ärzte erhoben.
Demnach hätten diese wegen des strengen Abtreibungsgesetzes in Polen
nicht gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu
retten.
In Österreich
"sind Abbrüche auch nur straffrei, und damit auch in den ersten drei
Monaten der Schwangerschaft nicht legal", erklärte Regner. "Die Debatte
über die Selbstbestimmung der Frau in Europa wird also bleiben!"