In der ARD-Sendung "Anne Will" hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erneut die Wichtigkeit von Waffenlieferungen betont, da Russland deutlich mehr Artillerie zur Verfügung stünde.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat den Krieg mit Russland als nunmehrigen Artilleriekrieg bezeichnet. In der Sendung "Anne Will" des deutschen Senders ARD, sagte Kuleba am Sonntagabend zugleich, die russischen Truppen hätten bei Artilleriewaffen eine Übermacht von 15:1. Deshalb brauche die Ukraine hier dringend Waffen wie Artillerie-Systeme, Flugabwehrgeräte und Raketensysteme.
Kuleba: Ukraine würde auch ohne Waffenlieferungen weiterkämpfen
Je früher die Waffen kämen, desto größer sei die
Hilfe und desto weniger Menschen würden sterben. Er hoffe, dass
Deutschland in Sachen Waffenlieferungen mehr tun könne und mehr tun
werde.
Die Ukraine würde auch im Falle eines Endes westlicher Waffenlieferungen den Kampf gegen Russland weiterführen. "Wenn wir keine Waffen erhalten, in Ordnung, dann werden wir mit Schaufeln kämpfen, aber wir werden uns verteidigen, denn dieser Krieg ist ein Krieg um unsere Existenz", sagte der ukrainische Außenminister weiter. "Je früher wir also Waffen erhalten, je früher sie gesendet werden, desto größer ist die Hilfe für uns. Wenn Waffen später geschickt werden, werden wir nach wie vor "danke" sagen, aber dann wird viel verspielt sein, viele Menschen werden gestorben sein."
Russland hat Artillerie-Übermacht von 15:1
Kuleba betonte, niemand im Westen
solle glauben, dass die Ukraine ohne Waffenlieferungen eher zu
Zugeständnissen bereit wäre. Er fügte hinzu: "Je später sie uns die
Waffen schicken, desto mehr Menschen werden vorher sterben und desto
mehr Menschen werden den russischen Grausamkeiten zum Opfer fallen und
mehr ukrainisches Territorium wird von den Russen erobert werden."
Kuleba sagte, sein Land habe deutlich weniger Waffen als Russland zur Verfügung. "Wir können den Krieg nicht mit einem solchen Ungleichgewicht gewinnen." In den vergangenen Tagen hätten die Russen allein 1.000 Raketen auf Ziele in der Ukraine abgefeuert. Deswegen benötige sein Land auch Luftabwehrsysteme.
Australien schickte Ukraine ersten gepanzerten Transportwagen
Australien hat unterdessen nach Angaben
des Verteidigungsministeriums die ersten vier der 14 zugesagten
gepanzerten Mannschaftstransportwagen des Typs M113AS4 an die Ukraine
geschickt. Sie seien vergangene Woche in Queensland in ein ukrainisches
Flugzeug verladen worden, erklärt Verteidigungsminister Richard Marles.
"Australien steht an der Seite der Ukraine und fordert Russland erneut
auf, seine nicht-provozierte, ungerechte und illegale Invasion der
Ukraine einzustellen." Die Kampffahrzeuge seien Teil der mehr als 285
Millionen australische Dollar (189,5 Mio. Euro) umfassenden Hilfe
Russlands Überlegenheit bei der Artilleriebewaffnung reicht Militärexperten einer US-Denkfabrik zufolge allerdings nicht für die Einnahme des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine aus. "Russlands konzentrierte Artilleriekapazität gepaart mit wohl geschwächten Infanterieeinheiten bleibt unzureichend, um russische Fortschritte in Sjewjerodonezk zu erzielen", heißt es in der jüngsten Analyse des Institute for the Study of the War (ISW) vom Sonntagabend. Russische Truppen kämpften zwar weiter um die Kontrolle der Stadt, hätten aber wenig Fortschritte am Sonntag gemacht.
Moskau soll Offensiva auf Slowjansk vorbereiten
Russland dürfte den
Experten zufolge weiter versuchen, die ehemalige Großstadt einzukesseln
und die dort verbliebenen ukrainischen Kräfte, die sich weitgehend im
Chemiewerk Asot verschanzt haben, vom Nachschub abzuriegeln. Allerdings
seien derzeit wenig Fortschritte bei diesem Vorhaben zu sehen. Zudem
bereite Moskau eine Offensive auf Slowjansk vor. Der Raum
Slowjansk-Kramatorsk gilt als Zentrum der ukrainischen
Verteidigungskräfte im Donbass-Gebiet.
Nach Einschätzung des ISW
behindert Moskau den Erfolg seiner Invasion selbst dadurch, dass es
immer noch von einer "militärischen Spezialoperation" statt von einem
Krieg spricht. Das hindere Russland an einer Mobilmachung, um weitere
Kräfte zu generieren. Zudem fehle so dem Kreml die rechtliche Handhabe,
um Soldaten zu bestrafen, die sich einem Einsatz verweigerten.