“Wir haben eine Kleinigkeit zu feiern”, verwies Petritsch auf das freudige Release-Ereignis. “Ge Bitte!” ist erst am Freitag erschienen. Es handelt sich um den zweiten Longplayer der Band mit Grazer Wurzeln. Das aktuelle Werk zeichnet sich durch eine prinzipiell fröhliche, weltbejahende Grundstimmung aus, in die sich aber auch immer wieder melancholische Untertöne verirren.
Großartige Stimmung bei Granada am Wiener Donauinselfest
Denn die kleinen Widrigkeiten des Alltags lassen sich halt nicht völlig ignorieren – etwa wenn, wie im Song “Berlin”, die Ex mit einem Neuen in die große, ferne Stadt zieht. Der Refrain heißt es schlicht “Scheiß Berlin”. Die leidenschaftlich zelebrierte Nummer gehörte ohne Zweifel zu den absoluten Highlights des Abends.
Uneingeschränkt begrüßt und nicht beschimpft wurden hingegen maßgebliche Errungenschaften der menschlichen Zivilisation – wie etwa die Schwitzkammer. “Huach ma zua. Die reine Körperkultur” heißt es da hochpoetisch im Lied “Sauna”. Dazu passend: Granada bleiben stets entspannt. Auf große Posen, wie sie Wanda oder Voodoo Jürgens zelebrieren, wird verzichtet. Das gilt nicht für das Akkordeon, das bei Granada eine prominente Rolle spielt – genauso wie die Mundart.
Ältere Sachen wie “I sogs da glei”, “Eh ok”, “Pina Colada” oder “Ottakring” wurden vom Publikum freudig begrüßt wie alte Freunde. Die Stimmung war hervorragend und der Andrang vor der FM4-Bühne groß. Auch der Verweis aufs dräuende Festende – “Dann feiern wir noch den Sonntag bevors morgen mit dem 12-Stunden-Tag weitergeht” – verdarb der ausgelassenen Inselfest-Crowd nicht die Laune.
DIF 2018: Portugal The Man auf der FM4-Bühne
Mit namenstechnisch südlichen Gefilden ging es auf der FM4-Stage dann auch weiter: Wobei, nein, der Bandname Portugal The Man ist keine Huldigung an das Land oder gar an den Weltklassekicker Ronaldo. Vielmehr wurde, so geht die Legende, der Name eines Staates gewählt, in dem zum Zeitpunkt der Gründung noch keiner der Musiker jemals gewesen war. Die stammen übrigens aus Alaska.
Auch das aktuelle Album ist nach einem Ort benannt, wobei “Woodstock” bekanntlich musikhistorisch nicht unrelevant ist. Naturgemäß wurde Material aus dem in Richtung Charts-Pop – wenn auch mit schönen Electro-Anklängen – tendierenden Longplayer dargeboten: Die tanzbare Hitsingle “Fell It Still” funktionierte erwartungsgemäß hervorragend.
Doch auch weniger neues Liedgut, das zu einem Gutteil vom fulminanten 2013-er Album “Evil Friends” stammte, fand Widerhall – also etwa die Songs “Purple, Yellow, Red and Blue”, das fast hymnische “Modern Jesus”, “Creep in a T-Shirt” oder “Atomic Man”. Einsprengsel von Pink Floyd (“Another Brick in the Wall”) oder eine schöne Coverversion des T.Rex-Klassikers “Children of the Revolution” rundeten den insgesamt ziemlich coolen Gig ab.
Der kam übrigens mit wenig gesprochenen Worten aus. Die Mannen um Sänger John Gourley – der dem Falsett nicht abgeneigt ist – hielten sich diesbezüglich eher zurück. Statt großer Reden gab es zwischen den Nummern längere Soundkaskaden der härteren Sorte.
Auch visuell war die Band nicht immer klar auszumachen, da die Bühnenbeleuchtung stets spärlich blieb. Zu erkennen war immerhin, dass der Frontmann für die relativ kühle Witterung gerüstet war: Er hatte eine hübsche weiße Haube auf. Apropos Wetter: Der für den Abend prognostizierte Regen blieb völlig aus.
2,4 Mio. Besucher und trockenes Ende
Beim sind in den vergangen drei Tagen insgesamt rund 2,4 Mio. Besuche registriert worden. Das sind weniger als 2017, als 2,8 Millionen Menschen die Zählstellen passierten. Das teilte der Veranstalter, die Wiener SPÖ, am Sonntagabend mit. Das Festival verlief weitgehend friedlich, gröbere Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Gefragt war heuer jedenfalls warme Kleidung.
“Winter im April” heißt ein Song vom Nino aus Wien, April im Juni hätte hingegen das Motto für die 35. Ausgabe der Inselsause lauten können. Pünktlich zum Auftakt am Freitag verabschiedete sich nämlich die tagelange Hitzewelle, die darauffolgende Abkühlung war beträchtlich. Am Abend lagen die Temperaturen meist deutlich unter der 20-Grad-Marke.
Immerhin blieb das Eiland von Dauerregen verschont – lediglich einige sporadische Schauer waren zu verzeichnen. Der für Sonntagabend prognostizierte Niederschlag blieb überhaupt völlig aus. Der Andrang bei den Konzerten war jedenfalls meist groß. Das Line Up berücksichtigte einmal mehr sämtliche Geschmäcker und Genres. Eines der Highlights war der Auftritt des Headliners Wanda am Freitag, aber auch andere Austro-Musikanten wie Pizzera & Jaus, Voodoo Jürgens, Granada, Wiener Blond, Mavi Phoenix oder Gert Steinbäcker wurden bejubelt.
Donauinselfest für jeden Geschmack
Im Alternativ- bzw. Rapgenre erfreuten zudem die bundesdeutsche Antilopen Gang, die Shout Out Louds aus Schweden oder die US-Combo Portugal The Man die Inselgäste. Auch die Münchner Freiheit, Ex-Reamonn-Star Rea Garvey, das DJ-Ensemble Ofenbach, die einstige Hit-Lieferantin Lisa Stansfield, Irmgard Knef oder der Liedermacher Konstantin Wecker waren mit dabei.
Beim Rahmenprogramm wurde zum Teil auf bewährte Attraktionen wie Kinderunterhaltung und den beliebten Vorführungen der Einsatzkräfte gesetzt, aber auch Neues ausprobiert. So war es möglich, am Seil über das Festgelände zu schweben. Für Fußball-Fans war zudem eine kleine Public-Viewing-Zone eingerichtet worden.
Neu war heuer auch der Chef: Michael Ludwig durfte erstmals als SPÖ-Vorsitzender und Bürgermeister den Eröffnungsrundgang vornehmen – wobei er seine zum Teil ebenfalls erst seit kurzer Zeit amtierenden roten Regierungsmitglieder mitgebracht hatte.
(APA/Red)