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Nova Rock: Düstere Wetter-Stimmung ging nicht auf Marilyn Manson über

1-01-1970, 00:00

Beim Einstieg mit dem “Irresponsible Hate Anthem” war von der Wut des Brian Warner, wie Manson bürgerlich heißt, kaum etwas zu spüren. Dazu kam ein arg dünner Sound, der sich erst im Laufe der ersten Viertelstunde einigermaßen einpendeln sollte. Die schon ältere Großtat “Angel With the Scabbed Wings” punktete dann immerhin mit einem dynamischen Wechselspiel, allerdings schafft es Manson mittlerweile nicht mehr, eine solch düstere Atmosphäre zu erzeugen, die ihn Ende der 1990er zum Superstar werden ließ. Leider ging es ihn derselben Manier weiter: “Deep Six” war kantig, aber wenig mitreißend, “Disposable Teens” zwar eingängig, aber letztlich auch etwas schal. Schade, denn nicht nur war Manson nach der Absage der Toten Hosen als Headliner auf der Blue Stage eingesprungen, sondern hat auch schon bedeutend bessere Konzerte abgeliefert. Die Gefahr früherer Tage ist leider verblasst.

Thrice als Nova Rock-Highlight

Eine gänzlich andere Show lieferten Thrice kurz davor als Headliner der Red Bull Stage: Die US-amerikanische Truppe, die gleichermaßen Alternative Rock wie Hardcore bedient, war ein definitives Highlight am ersten Tag. Knochentrocken spielten Dustin Kensrue und Co ihre Songs herunter, vom mitreißenden “Hurricance” über das eingängige “All The World Is Mad” bis zur Abrissbirne “Yellow Belly”. Man darf sich freuen, hat die Band doch neues Material für dieses Jahr angekündigt. “Es ging sehr schnell, jedenfalls fühlte es sich so an”, meinte Gitarrist Teppei Teranishi vor dem Auftritt.

Wirklich viel verraten wollten die Musiker, die mittlerweile beim Label Epitaph gelandet sind, allerdings nicht. “Jedes Album ist ein bisschen anders. Jedes Mal, wenn du schreibst und Songs aufnimmst, ist das wie eine Momentaufnahme davon, wo du dich gerade befindest”, so Teranishi. “Dich beschäftigen neue Dinge, also fühlt sich auch eine neue Platte anders an.” Gemessen an dem bisherigen Output von Thrice muss man sich jedenfalls keine Sorgen machen: Abwechslung dürfte garantiert sein. Ob wütender Breakdown, melancholisches Zwischenspiel oder mitsingtaugliche Refrains – dieses Quartett schüttelt all das leicht aus dem Ärmel. Und kann live immer noch ein Schäuferl zulegen, wie sich an diesem Abend zeigte.

Nova Rock: Kraftclub beim Wett-Crowdsurfen

Davor gab es bei der deutschen Band Kraftklub reichlich Mitmach-Action, gibt die Gruppe doch alles im Austausch mit den Fans. Nachdem eingangs ein paar rote Rauchschwaden gen Himmel zogen, gab es eine gute Stunde lang Punkrock- und Indie-Attitüde mit reichlich Witz. Dass es der Formation um Sänger Felix Brummer “eine verdammte Ehre” war, vor dem Nova-Rock-Publikum zu spielen, nahm man ihr nur zu gern ab. Selbst wenn man recht kritisch mit den Anhängern ins Gericht ging, sind diese doch “Mainstream”. Nein, Scherz beiseite. Am Ende gab es das obligatorische Wett-Crowdsurfen der Bandmitglieder, bei dem sie von einer Mini-Stage inmitten der Menschenmenge zur Bühne zurück mussten. Aufgabe gelungen!

Eine Institution des Thrash Metal animierte parallel dazu auf der Red Stage zum Headbangen der alten Schule: Megadeth starteten mit “Hangar 18” und machten sofort klar, worum es ging: Riffs, Soli (gefühlte 20 im ersten Song) und noch mehr Riffs. Die Performance von Dave Mustaine und Co litt besonders anfangs unter dem schlechten Sound, es hätte lauter und druckvoller sein dürfen. Auf die Warnung “The Threat Is Real” – Weltverschwörungen haben es dem Mastermind der Band angetan – folgte das Groove-Monster “Wake Up Dead”, ein unverwüstlicher Klassiker der Gruppe, der aber an gesanglichen Schwächen litt. Mit “Symphony Of Destruction” und “Peace Sells” holten Megadeth noch weitere Genre-Meilensteine aus dem Köcher. Da war die Kraft dieser Musik endlich zu spüren. Mit “The Mechanix”, das später bei Metallica “The Four Horseman” heißen sollte, gab es dazwischen einen Track aus der Geburtsstunde des Thrash zu hören – eine Nachhilfestunde für junge Metalheads. Über seine Zeit “bei der anderen Band” spricht Mustaine übrigens nicht gerne. Etwas lahm kam das an sich wuchtige “Dystopia” vom gleichnamigen aktuellen Album rüber, es lief nicht alles rund an diesem Abend für die Metal-Ikone.

“Ham kummst” mit Seiler und Speer

Für Seiler und Speer war ihr wiederholter Auftritt am Nova Rock ein Heimspiel. Auf die rhetorische Frage “Gemma’s an?” ließ das von einer kompetenten Band unterstützte Duo “Servas baba” folgen, es machte sich Volksfeststimmung breit. Mit Textzeilen wie “Jo heite sauf ma wieder wie die Lecha” konnten viele Besucher ja wirklich was anfangen. “Bist du deppert”, wie Christopher Seiler auf die frenetische Reaktion der wirklich imposanten Menge vor der Blue Stage reagierte. Die Mundartrocker beackerten das musikalische Feld querfeldein, betteten Balladen zwischen Gassenhauer, Funk-Kracher zwischen dumpfen Prolo-Rock und tropische Rhythmen. “Ham kummst” musste natürlich auch sein.

Gleichzeitig hatten auch Parkway Drive auf dem zweiten Hauptschauplatz regen Zuspruch – da wurde erst richtig klar, wie viele Besucher das Nova Rock anzieht. Die australische Metalcore-Partie enttäuschte nicht: Energisch legten die Headliner auf der Red Stage los, begleitet von heftigen Double-Bass-Attacken und wütenden Gitarren brüllte sich Sänger Winston McCall die Seele aus dem Leib. Der Songtitel “Destroyer” war Programm, besser lässt sich Aggression kaum kanalisieren. Dass die Band auch den Groove gepachtet hatte, zeigte sich bei der Zugabe, die dann mit reichlich Feuer auf der Bühne zelebriert wurde.

APA/red

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