Eine ohne ausreichende Aufklärung des Patienten vorgenommene ärztliche Behandlung kann zu einer schadensersatzrechtlichen Haftung des Arztes führen, wenn diejenigen nachteiligen Folgen eintreten, über die aufzuklären gewesen wäre. Die in diesem Zusammenhang entscheidende Frage des Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht hängt vom Einzelfall ab. Aus der Judikatur des OGH lassen sich jedoch gewisse Leitgrundsätze ableiten. So hat die ärztliche Aufklärung umso weniger umfassend zu sein, je notwendiger der Eingriff für die Gesundheit des Patienten ist. Ist demgegenüber der Eingriff zwar medizinisch indiziert aber nicht dringend, so bedarf es einer umfassenden Aufklärung.
Die Aufklärung muss jedenfalls so umfangreich sein, dass der Patient in die Lage versetzt wird, die Tragweite seiner Einverständniserklärung bzw. die Tragweite der Ablehnung einer Behandlung zu überblicken. Der Patient muss daher sowohl über die mit der Behandlung als auch über die mit der Nichtbehandlung verbundenen möglichen Folgen aufgeklärt werden.
Gerade die neuere Rechtsprechung betont aber auch, dass die ärztliche Aufklärungspflicht nicht überspannt werden darf. So sollen besonders ängstliche Patienten nicht durch die Aufklärung über selten verwirklichte Operationsrisiken beunruhigt werden, in diesen Fällen müsse die Aufklärung auf ein Minimum beschränkt werden. Ob ein Patient als besonders ängstlich zu qualifizieren ist, ist allerdings für den zur Aufklärung verpflichteten Arzt keine leicht zu beantwortende Vorfrage.
In persönlichem Gespräch
Die Aufklärung selbst hat in einem persönlichen und unmittelbaren Gespräch zu erfolgen. Informationsblätter haben nur unterstützende Wirkung. Die vorgenommene Aufklärung ist ausreichend umfangreich und nachvollziehbar zu dokumentieren. Eine derartige Dokumentation ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden, liegt aber meist auch im Interesse des Arztes, dies bereits aus beweisrechtlichen Gründen. Die Aufklärungspflicht des Arztes besteht im Übrigen nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern grundsätzlich auch bei medikamentöser Heilbehandlung, bei Impfungen oder etwa bei physikalischen Eingriffen.
Patientenautonomie wahren
Patientenautonomie bedeutet, dass der Patient auf Basis fundierter Aufklärung eine wohlüberlegte Entscheidung treffen kann. Die praktische Umsetzung dieser Patientenautonomie ist im medizinischen Alltag nicht immer einfach. Die Wichtigkeit und Notwendigkeit der medizinischen Aufklärung dürfte unstrittig sein. Es ist allerdings zunehmend darauf zu achten, dass die mit der Aufklärungspflicht einhergehende Verrechtlichung der Medizin nicht zu einer überbordenden Bürokratisierung und zu einer Defensivmedizin führt; eine derartige würde die Gefahr mit sich bringen, dass die Vermeidung von juristisch Belangbarem vor dem Tun des medizinisch Sinnvollen stehen könnte. Hier wird es zukünftig zunehmend Aufgabe der Jurisprudenz sein, einen für alle Beteiligten gesunden Mittelweg zu finden.
“Die Wichtigkeit der Aufklärung dürfte unstrittig sein. Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Verrechtlichung der Medizin nicht zu einer überborderden Bürokratisierung führt.”
Kurz informiert
Ziel der ärztlichen Aufklärung ist die Schaffung einer ausreichenden Basis für die Entscheidung des Patienten. Der Patient ist über die wesentlichen Umstände und Folgen der Behandlung bzw. Nichtbehandlung aufzuklären. Je weniger dringend die Behandlung ist, desto umfassender ist die Aufklärungspflicht. Die Aufklärung hat durch ein persönliches Gespräch zu erfolgen.