Heuer erscheinen gleich zwei Filme über die Entstehungsgeschichte des Kinderbuchbären Winnie Pooh. Walt Disney, das die Rechte an dem honigliebenden Gesellen besitzt, wird im August seine Sicht der Dinge abliefern. Zuerst aber kommt Simon Curtis’ “Goodbye Christopher Robin” – der Vergleich wird spannend. Ab Freitag im Kino.
Goodbye Christopher Robin: Kurzinhalt zum Film
Curtis setzt dabei auf das Porträt des titelgebenden Christopher Robin respektive dessen Vater, dem durchaus umstrittenen Schriftsteller A.A. Milne: Als der Kriegsveteran Alan Milne (Domhnall Gleeson) aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt, leidet er unter entsetzlichen Traumata. Immer wieder hört er die dröhnenden Bombeneinschläge. An Schlaf ist nicht zu denken. Das ändert sich auch nicht, als seine ihn liebende Ehefrau Daphne (Margot Robbie) ihren ersten gemeinsamen Sohn Christopher Robin (Will Tilston) zur Welt bringt. Doch da es ihr schwerfällt, eine Verbindung zu dem Buben aufzubauen, wird Alan schnell zu Christophers engster Bezugsperson.
Beim gemeinsamen Spielen im Wald inspiriert er seinen Vater zum Schreiben eines Kinderbuches, in dessen Mittelpunkt ein kleiner Bub und dessen vielen tierischen Freunde aus dem Hundertmorgenwald stehen. Der Roman wird zu einem großen Erfolg, auch im Hause Milne kehrt langsam Ruhe ein. Doch als die Welt mitbekommt, dass es Christopher Robin tatsächlich gibt, ist es mit dem Frieden vorbei. Die Menschen wollen Christopher und den Hundertmorgenwald mit eigenen Augen sehen – und seinen Eltern entgeht dabei, was für einen Stress das ihrem Sohn bereitet.
Goodybe Christopher Robin: Die Kritik
Simon Curtis (“Die Frau in Gold”) inszeniert seinen Film als Märchen. Von der bilderbuchhaften Visualisierung über die seichten Dialoge bis hin zur facettenfreien Zeichnung von Gut und Böse ist in “Goodbye Christopher Robin” alles so offensichtlich, dass man selbst dann den Verlauf und Ausgang der Geschichte erahnt, wenn man mit ihr vorab gar nicht vertraut war. Es ist ziemlich eindeutig, worauf der Film hinauswill: Der idealistische Vater lässt sich von seinem Erfolg blenden und übersieht dadurch die Belange seines Sohnes, der von seinen karrierefixierten Eltern plötzlich von einem öffentlichen Auftritt zum nächsten gescheucht wird.
Dass sich “Goodbye Christopher Robin” dabei zunächst noch zu fast gleichen Anteilen um die Sicht beider Seiten bemüht, zeigt, dass in der Geschichte Potenzial für mehr dringesteckt hätte. Vor allem am Anfang ist die Diskrepanz zwischen der Sicht der Eltern und der des Sohnes spannend und sorgt für Zündstoff; schließlich gönnt man dem Vater nach der schrecklichen Zeit an der Front durchaus seinen Erfolg als Schriftsteller, während die Drehbuchautoren Frank Cottrell Boyce und Simon Vaughan die Überforderung des kleinen Buben deutlich hervorheben.
Doch vieles in “Goodbye Christopher Robin” wird nur angedeutet. Von der emotionalen Beziehung unter den karikaturesk gezeichneten Figuren (vor allem Margot Robbie darf nicht mehr spielen, als die hysterische Ehefrau) bekommt man kaum etwas mit. Anstatt beide Erzählebenen – die des Buben und die der Eltern – irgendwann miteinander zu verbinden, verweigert die Geschichte konsequent die Zusammenführung. Es scheint, als wolle man durchaus beiden Sichtweisen Verständnis entgegenbringen, doch um Stellung zu beziehen, fehlt es dem Regisseur am Mut, Reibungspunkte zuzulassen. So hat man am Ende zwar nicht das Gefühl, dass hier etwas ausgelassen wurde, doch die Harmonie in “Goodbye Christopher Robin” scheint nur vorgeschoben.
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