Wann wählen? Die Antwort auf diese Frage zählt zu den schwierigeren, die der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig als SPÖ-Vorsitzender finden muss. Regulär wäre es mit der nächsten Gemeinderatswahl ja erst 2020 soweit. Dann ist es mit dem Glanz des Neuen, das er möglicherweise entwickelt, in jedem Fall aber schon wieder vorbei. Andererseits: Im Moment steht die schwarz-blaue Bundesregierung ungleich besser da als ihre Vorgängerin zu Beginn der 2000er Jahre. Im Unterschied zu damals kann die Sozialdemokratie also nicht damit rechnen, ohne eigenes Zutun groß zu gewinnen.
Im Gegenteil: Auch im Frühsommer 2018 sind Themen wie Flüchtlinge und Integration bestimmend. Und das nützt in erster Linie dem Kanzler und in zweiter dem Vize. Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) sind im vergangenen Nationalratswahlkampf so wirkungsvoll darauf eingegangen, dass sie zusammen eine satte Mehrheit erlangt haben. Allen Umfragen zufolge wäre ihnen das auch heute noch möglich.
Zumindest ebenso besorgniserregend für Ludwig ist jedoch etwas ganz anderes: Er kann sich nicht einreden, dass er in Wien mit eigenen Playern auf schwarzer und blauer Seite konfrontiert ist, die ohnehin kaum jemand kennt. Letzten Endes geführt werden ÖVP und FPÖ nämlich von Kurz und Strache. Strache ist höchstpersönlich nicht nur Bundes-, sondern auch Landesparteiobmann. Und Kurz hat in dieser Funktion immerhin einen Statthalter sitzen: seinen Kanzleramtsminister Gernot Blümel. Soll heißen: Ludwig wäre mit ziemlichen Kalibern konfrontiert im Gemeinderatswahlkampf.
Und darüber hinaus: Kurz und Strache haben sehr gute Chancen, nach diesem Urnengang die Bürgermeisterfrage zu entscheiden. Tatsächlich: Man kann nicht davon ausgehen, dass sich Rot-Grün wieder ausgehen wird. Auch Rot-Grün-Pink ist rein rechnerisch nicht fix. Eher geht sich Rot-Schwarz, Rot-Blau oder Blau-Schwarz aus.
Wobei man nicht lange rätseln muss, worauf sich Kurz und Strache festlegen würden; natürlich die Variante nach Bundesvorbild. Eine solche hätten sie zuletzt zum Beispiel auch in Salzburg ganz gerne gehabt; dort waren ihre Einflussmöglichkeiten jedoch zu beschränkt. In Wien ist das anders, dort wird in ihren Parteien gespielt, was sie allein sich wünschen.
Und selbst wenn sie sich darauf verständigen, dass halt doch nur Rot-Schwarz oder Rot-Blau zustande kommt: Auch dann liegt das politische Schicksal des Michael Ludwig zumindest ein Stück weit in ihren Händen. Als Stadtoberhaupt halten könnte er sich in diesem Fall nur mit schwarzen oder blauen Stimmen.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik