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Neues Fremdenrecht: Kritik an Bargeld-Abnahme von Asylwerbern

1-01-1970, 00:00

Die geplante Möglichkeit, Asylwerbern Bargeld abzunehmen, stößt in der Begutachtung der Fremdenrechtsnovelle auf große Skepsis – nicht nur grundrechtlicher, sondern auch ökonomischer Natur: Da viele Asylwerber wenig bis kein Geld mit sich führen, würde diese Maßnahme weit mehr Kosten verursachen als abgedeckt werden könnten, merkten die Stadt Wien, Grüne Landesräte oder die Agenda Asyl an.

Bargeld-Abnahme in der Kritik: Aufwand höher als Einnahmen

Gehe man von rund 15.000 Antragstellern aus, würden Eintreibung, Verwaltung und Verrechnung einen Mehraufwand von 2,057.386 Euro verursachen, hat die Wiener Landesregierung berechnet. Diese Mehrkosten wären nur abgedeckt, wenn jeder Asylwerber 257 Euro (120 Euro müssen jedem belassen werden) bei sich hat. Und da stünde “noch immer kein einziger Euro zur Deckung der Grundversorgungskosten zur Verfügung”.

Die schwarz-blaue Regierung äußere doch auch immer wieder, dass die Mehrheit Wirtschaftsflüchtlinge wären. Das aber schließe “substanzielle finanzielle Mittel” aus, stellten die drei Grünen Landesräte Rudi Anschober (Oberösterreich), Martina Berchtold (Salzburg) und Gabriele Fischer (Tirol) in einer gemeinsamen Stellungnahme fest. Grundversorgung gebe es nur, wenn ein Asylwerber den Lebensunterhalt für sich und Angehörige nicht selbst bestreiten kann, und ein Ersatz der Betreuungskosten könne schon jetzt vorgeschrieben werden.

Ohnehin nur hilfsbedürftige Asylsuchende in Versorgung

Im Gesetzesentwurf wird die Abnahme von Bargeld jedoch als “Beitrag zur Grundversorgung” dargestellt. Es würden aber ohnehin nur hilfsbedürftige Asylsuchende versorgt, merkt das Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte an – und vermisst die nötige Begründung und Verhältnismäßigkeit bei diesem Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum. Aus Sicht der Stadt Wien ist die Beitragspflicht nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar: Darin habe sich Österreich verpflichtet, Flüchtlinge nicht nur aufzunehmen, sondern sie auch zu versorgen.

Ebenfalls in Grundrechte – und zwar auf Privatleben, Schutz der persönlichen Daten und Achtung der Menschenrechte – greift die geplante Möglichkeit ein, Flüchtlingen das Handy abzunehmen, um durch Auslesen der Daten Hinweise auf den Fluchtweg zu bekommen. Auch hier vermisst das Boltzmann-Institut für Menschenrechte “Klarheit betreffend die tatsächliche Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit”.

Flüchtlinge sollen zehn Jahre auf Staatsbürgerschaft warten

Einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention sieht das Boltzmann-Institut darin, dass anerkannte Flüchtlinge nicht nur sechs sondern zehn Jahre auf die Staatsbürgerschaft warten sollen. Artikel 34 der Flüchtlingskonvention gebiete, die Einbürgerung von Flüchtlingen so weit wie möglich zu erleichtern, merkt auch die Agenda Asyl – ein Zusammenschluss von Hilfsorganisationen wie Diakonie, Volkshilfe und Asylkoordination oder SOS Mitmensch – an. Schon die bestehenden strengen Voraussetzungen (etwa Selbsterhaltungsfähigkeit) seien fragwürdig im Hinblick auf die GFK, eine weitere Einschränkung wäre ein klarer Verstoß.

Erschwert wird die Integration weiters dadurch, dass auch Asylwerber mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit keinen Rechtsanspruch auf einen Deutschkurs mehr haben sollen. Die Volksanwaltschaft fordert den Verzicht auf diese Änderung. Die Agenda Asyl verweist darauf, dass im Budget 2018/19 und im Finanzrahmen bis 2022 solche Schulungsaktivitäten finanziell nicht bedeckt seien. Es sei also zu erwarten, “dass gerade der immer eingeforderte Spracherwerb während eines oft jahrelangen Asylverfahrens nicht stattfinden kann”.

“Eindruck, dass von Asylsuchenden generell Gefahr ausgehe”

Außerdem kritisiert die Agenda Asyl, mit dem Entwurf werde “der Eindruck erweckt, dass von Asylsuchenden generell Gefahr ausgehe”. Sinnvolle Vorschläge wie ein amtswegiges Asylverfahren für in Österreich geborene Kinder Asylsuchender würden in dem Entwurf “zur kollektiven Diffamierung und Kriminalisierung von Asylsuchenden genutzt”, indem der Verdacht in den Raum gestellt wird, Eltern würden die Geburt ihres Kindes zur Verlängerung ihres Aufenthalts missbrauchen.

(APA/Red)

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