Anecken ist gewissermaßen das “Geschäft” des Rockmusikers Jowan Safadi: Findet er sich in Israel als Palästinenser schon automatisch in der Außenseiterrolle, so legt er diese auch noch möglichst provokativ aus. Der österreichische Filmemacher Fernando Romero-Forsthuber hat sich mit der Kamera an die Fersen des Musikers geheftet. Das offenherzige Porträt “Namrud” kommt am Freitag in die Kinos.
Namrud (Troublemaker): Kurzinhalt zum Film
Seine gesellschaftskritischen, politisch-anklagenden Lieder haben dem im Nahen Osten bekannten alternativen Musiker nicht nur Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, sondern auch Ermittlungen wegen “Anstiftung zum Terrorismus” in Israel, sowie Gefängnis in Jordanien eingebracht. Daran wird ersichtlich, dass der arabische Israeli mehr oder weniger überall in Konflikte gerät – wenn auch aus verschiedenen Gründen: Sind es in Israel seine Ansichten zum Nahost-Konflikt, gerät er in der arabischen Welt wegen religionskritischen Texten ins Visier von Fundamentalisten.
Diese religiös-politisch brisante Konstellation habe in der gesamten Region dazu geführt, dass zeitgenössische arabische Musik großteils aus Liebesliedern besteht, erklärt der “Troublemaker” – wie der Film untertitelt ist – zu Beginn des 95-minütigen privaten und musikalischen Selbstfindungstrips. Wie bei vielen anderen Einschränkungen kann der Protest-Rocker auch mit dieser Restriktion nichts anfangen. Relativ schnell wird dem Zuseher klar, dass es sich bei dem nachdenklichen, schlagfertigen und zuweilen spitzbübischen “Jowan” um einen freigeistigen Überzeugungstäter handelt, der sich als Songschreiber und Persönlichkeit voll und ganz dem Ankämpfen gegen Ungerechtigkeiten widmet.
Namrud (Troublemaker): Die Kritik
Bei all der scharfzügigen Anklage und dem Sturm und Drang der Auflehnung lässt sich durch den Blick der Kamera gut erahnen, wie sehr der Musiker mit sich und den Umständen hadert. In seinem 15-jährigen Sohn Don hat er überdies seit kurzem einen Mitbewohner, der ihm auch andere Seiten abverlangt. Die sich entspinnende Vater-Sohn-Ebene wird mit der Zeit zur Lebensader des Films, dessen Witz und Tempo vielfach von den Dialogen zwischen dem intelligenten Rock-Agiteur und seinem nicht minder schlagfertigen Sohn lebt. Die Dialoge drehen sich ebenso um den palästinensischen Protest gegen den ungeliebten Staat Israel, wie die Schulkarriere des Sohnes oder die Auseinandersetzung mit den nächsten künstlerischen Vorhaben.
Quasi im Vorbeigehen erhascht der Zuseher nicht nur einen intimen Blick in die sich entwickelnde Beziehung zwischen Vater und Sohn, die Doku wartet auch mit Einblicken in die Zerrissenheit und Dynamik eines Landes und seiner Bewohner auf. Viel Platz haben naturgemäß die Ansichten des Künstlers und Aktivisten, der seine liebe Not mit Zionisten wie Islamisten hat, und als arabischer Israeli in seiner “Heimat” entsprechend entwurzelt wirkt. Die Frage, ob es Jowan aus dem filmisch eindrücklich eingefangenen Gefühl der fehlenden Perspektive heraus schafft, künstlerisch in die Offensive zu gehen, verleiht der Dokumentation den nötigen Spannungsbogen. Der Rock ‘n’ Roll mit orientalischen Einsprengseln trägt das Seinige zum Flair der Produktion bei.
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(APA/Red)