
Am Freitag tagt auf Wunsch der ÖVP der Nationale Sicherheitsrat. Mit Wahlkampf habe dies aber nichts zu tun, wird behauptet. Innenminister Wolfgang Sobotka und Justizminister Wolfgang Brandstetter wollen einmal mehr um Zustimmung für ihr umstrittenes Sicherheitspaket werben.
Trotz der scharfen Kritik von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder, der in dieser Materie Verhandlungen vor der Wahl am 15. Oktober für sinnlos hält und das Sicherheitspaket "aus dem Wahlkampf heraus halten" will, scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Äußerungen von Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern sowie des roten Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil lassen darauf schließen. Beide sind zwar ebenso gegen "Bundestrojaner", wollen aber sehr wohl neue "Möglichkeiten für die Polizei", um die Kommunikationsmöglichkeiten im Internet via WhatsApp & Co besser überwachen zu können.
Doskozil will sich – anders als zuletzt Schieder – den "Gesprächen mit der ÖVP nicht verschließen" und den Letztentwurf von Brandstetter abwarten, der im Sicherheitsrat debattiert werden soll.
Wo verläuft die Trennlinie zwischen Rot und Schwarz, wenn beide Parteien mehr Überwachung im Kampf gegen Terroristen wollen?
Die Linie verläuft entlang des Wortes "Massenüberwachung". Die ÖVP will Software einsetzen, die es erlaubt, dass die Internettelefonie und Nachrichtenübermittlung von verdächtigen Personen ausgelesen wird. Da die Verschlüsselung von Nachrichten auf den Handys – und nicht etwa beim Netzanbieter – stattfindet, muss die Software auf den Endgeräten installiert werden. Dazu sollen Sicherheitslücken in den Betriebssystemen ausgenutzt werden. Deshalb sprechen die Gegner von Trojanern. Die SPÖ ist prinzipiell für diese moderne Form der Verbrecherjagd, will aber verhindern, dass die Türe zu weit in Richtung Ausspionieren der Gesamtbevölkerung aufgemacht wird. "Wir wollen nicht, dass die Leute bis in ihre intimsten Details ausgeforscht werden können", sagt Kern. Die ÖVP entgegnet, daran sei nicht gedacht. Die geplante Lausch-Software könne z.B. nicht auf Festplatten zu greifen, sondern nur bei Internet-Diensten wie WhatsApp mitlesen oder bei Skype mithören.
Ist noch Zeit und Spielraum für Verhandlungen ?
Geplanter Start für das Sicherheitspaket ist Anfang 2019. Zeit genug für Verhandlungen und technisch nicht überschießende Lösungen sei also vorhanden, sagt die SPÖ. Neben den Trojanern soll die Registrierung von Wertkartenhandys kommen, die Videoüberwachung im öffentlichen Raum und Straßenverkehr verstärkt sowie ein Neuanlauf zur Vorratsdatenspeicherung unternommen werden. Das ist heikel, der Verfassungsgerichtshof hat die Vorratsdatenspeicherung schon einmal zurück gewiesen. Zusätzlich will die ÖVP nun so genannte "Sicherheitsforen" von Privatleuten einrichten, die z.B. Zugriff auf Datenbanken erhalten sollen, sobald sie Verdächtige ausmachen. Auch diesen Punkt lehnt die SPÖ strikt ab, staatliche Sicherheitsaufgaben dürften nicht privatisiert werden.
Kampf gegen den Terror ist doch extrem populär. Warum steht die SPÖ trotz Wahlkampf auf der Bremse?
Kern und Doskozil stehen nicht wirklich auf der Bremse, sie pochen aber auf den Rechtsschutz der Überwachten. Gut möglich also, dass Schieder seine Verhandlungsabsage zurück nehmen muss. Dieser sagt, dass von der ÖVP vieles in den aktuellen Gesetzesentwurf hineingemogelt wurde, das in den Verhandlungen "so nie besprochen wurde". Außerdem pocht auch er vehement auf die Einhaltung geltender Standards – wie beim Lauschangriff. Also Überwachung nur bei Gefährdungslage und nur auf richterlichen Befehl oder staatsanwaltschaftliche Anordnung. Brandstetter entgegnet, er hätte den Entwurf nachgeschärft: Ohne richterlichen Beschluss gebe es keine Überwachung. Außerdem bekomme der Rechtsschutzbeauftragte mehr Kompetenzen.
