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Tiroler Grüne stimmten Koalitionspakt mit der ÖVP zu

1-01-1970, 00:00

Tirol wird auch in den kommenden fünf Jahren von Schwarz-Grün regiert. Die grüne Landesversammlung stimmte am späten Mittwochabend in Innsbruck mit 85,48 Prozent der 124 Delegiertenstimmen eindeutig für den Koalitionspakt mit der ÖVP und damit für die Fortsetzung der bisherigen Koalition. Der ersten Koalitionsvereinbarung im Jahr 2013 hatten noch 89 Prozent der Basis zugestimmt.

Felipe erfreut über Votum

LHStv. Ingrid Felipe zeigte sich mehr als erfreut über das klare Votum. “Ich bin sprachlos und erleichtert”, meinte sie sichtlich. Zuvor hatte die grüne Frontfrau in der fünf Stunden dauernden Versammlung in der Villa Blanka eindringlich für das Regierungsübereinkommen geworben. “Ich bin überzeugt davon, dass es reicht und Sinn macht”, so Felipe.

Die LHStv. und frühere Bundessprecherin ging in ihrem Eröffnungsstatement nicht ins Detail des 78-seitigen Koalitionsvertrages. Das überließ sie Klubobmann Gebi Mair. Bei Themen wie Gesundheit und Verkehr sei man sich rasch einig gewesen, aber es habe auch einige Knackpunkte gegeben, so Felipe vor knapp über 100 Mitgliedern. Sie zeigte sich auch verärgert, dass “vertrauliche Informationen hinausgespielt” worden seien, dies habe für die ein oder andere Irritation gesorgt.

Koalitionspakt enthält “schwer verdauliche Brocken”

Mair machte dann kein Hehl daraus, dass der Koalitionspakt einige schwer verdauliche Brocken enthalte. “Wir sind bei der Landtagswahl bei rund zehn Prozent gelandet. Wir müssen kleine Brötchen backen”, gab Mair unumwunden zu. Vor allem die Ressortverteilung spiegle das Wahlergebnis stärker wieder als dies beim restlichen Programm der Fall sei: “Das tut verdammt weh”. Die Grünen, konkret Felipe, mussten die konzentrierten Naturschutzverfahren bei Kraftwerken und Beschneiungsanlagen an die ÖVP abgeben. Im Gegenzug erhielt man die Entwicklungszusammenarbeit.

“Es wird neue Skigebiete und neue Kraftwerke geben. Das tut sehr weh”, fuhr der Klubobmann schmerzhaft fort. In Sachen Wasserkraft verwies Mair darauf, dass die “Tabustrecke” am Inn außer Streit gestellt worden sei. Darüber hinaus habe man aber “nicht wahnsinnig viel gewonnen”, das Programm beinhalte viele Evaluierungen und Prüfungen. Bei der Nominierung von Natura 2000-Gebieten verzeichnete der Klubobmann auf der Habenseite, dass es mittlerweile “kein absolutes Nein” von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) mehr dazu gebe.

Erfolge sah Mair im Bereich Wohnen. Die landesweite Mietzinsbeihilfe werde eingeführt, gleichzeitig 50 Millionen Euro für studentisches Wohnen ausgegeben sowie 120 Millionen Euro für weitere 2.000 geförderte Wohnungen lockergemacht. “Und die Wohnungskosten für Mindestsicherungsbezieher werden bis Mai 2018 angehoben”, so Mair. Leistbares Wohnen hatte auch Landeshauptmann Platter zu einem Schwerpunkt der kommenden Periode ausgerufen.

“Retten, was zu retten ist”

Mair richtete zudem einen eindringlichen Appell an die eigene Partei. Die Grünen seien “Umweltfighter im Abwehrkampf”, es gelte “zu retten, was zu retten ist”. Man habe noch nicht viel in der Hand, aber man müsse darum kämpfen – ob in Regierung oder Opposition. “Es muss Schluss sein mit dem Schönsprech. Wir brauchen eine neue Ehrlichkeit”, rief er den Mitgliedern zu.

Nach den Statements der beiden Grünen-Spitzen zog sich die Basis zu Beratungen in kleinen Gruppen zurück, dann gab es eine offene Debatte. Diese verlief – trotz einigen Murrens – weitgehend sachlich und ohne größeren Emotionen. Einer der häufigsten Kritikpunkte war der genannte, von Landeshauptmann Platter forcierte, Fernpassscheiteltunnel, der Eingang in den Koalitionspakt fand. So könne man sich im Außerfern quasi nicht mehr sehen lassen, hieß es seitens einiger von dort stammender Basisfunktionäre. Zudem vermuteten einige Mitglieder eine Einmischung der ÖVP in die personelle Aufstellung der Grünen – und spielte dabei auf die angebliche Verhinderung von Klubobmann Mair als künftiger Landesrat an.

Auch Werner Kogler bei Versammlung anwesend

“Da ist das Protokoll einer Selbstverzwergung der grünen Partei”, meinte etwa ein Basis-Mann und fügte hinzu: “Und der Kulminationspunkt dieser Selbstverzwergung liegt im Diktat des Landeshauptmanns hinsichtlich unseres Personals”. Andere warnten wiederum vor den negativen Folgen eines ablehnenden Votums: “Dann stehen wir wieder als grüne Chaoten da, die eine Vereinbarung nicht einhalten”. Zudem hätte dies auch verheerende Auswirkungen auf die anstehende Innsbrucker Gemeinderatswahl sowie die Salzburger Landtagswahl.

In der Villa Blanka anwesend war übrigens auch Grünen-Bundessprecher Werner Kogler. Er gab seinen Tiroler Freunden ein “Traut’s euch” mit auf den Weg. Und diese trauten sich.

(APA/Red)

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