Denn obgleich sich Boote in seiner typischen Manier zunächst gutgläubig und naiv zeigt, wird schnell klar: Unternehmen würden so ziemlich alles behaupten, um einerseits ihre Waren unters Volk zu bringen sowie andererseits in einem guten Licht dazustehen. Dieses Licht leuchtet konkret grün, womit auch der Weg zum sogenannten “Greenwashing” nicht weit ist. Damit meint man Methoden, mit denen ein umweltfreundliches Vorgehen verdeutlicht werden soll. Oft ist aber genau das Gegenteil der Fall.
Um das zu veranschaulichen, hat sich Boote diesmal Unterstützung geholt: Die deutsche Autorin und Journalistin Kathrin Hartmann ist Expertin für die Grünfärberei und macht sich mit dem Regisseur auf eine Reise einmal um die Welt – von Sumatra über Austin und Boston bis Brasilien und Deutschland führt ihr Weg. Man begegnet Aktivisten im Kampf gegen die Palmölindustrie, die jährlich Hunderttausende Hektar Regenwald rodet, die Luft verschmutzt und Mensch wie Natur Lebensraum entzieht, um den maximalen Output zu generieren; aber auch einem Meeresbiologen, der die Spätfolgen des Bohrinselunglücks Deepwater Horizon verdeutlicht.
The Green Lie – Die Handlung und Kritik
In “Good Cop, Bad Cop”-Manier wollen Boote und Hartmann dabei zur Wurzel des Übels vordringen, können zum Teil aber nur an der Oberfläche kratzen. Vieles von dem, was hier mit recht eindrucksvollen Bildern eingefangen wird, ist nur allzu bekannt und schon vertiefend erläutert worden. Zudem sind es komplexe Zusammenhänge, die in etwas mehr als eineinhalb Stunden erläutert werden wollen. Wenn das Duo aber mit einem vermeintlich sauberen Tesla an einem Braunkohlewerk entlang fährt, wo just die Energie für dieses Gefährt alles andere als nachhaltig erzeugt wird, dann ist das nur eines von vielen Beispielen, mit denen Boote und Hartmann den Nagel auf den Kopf treffen.
In einer durchaus unterhaltsamen Mischung aus Experteninterviews, Archivmaterial und augenzwinkerndem Humor, versteht es “The Green Lie”, ein alltägliches Problem, vor dem viele vielleicht schon wieder die Augen zu verschließen beginnen, hell erstrahlen zu lassen. Nach der Überbevölkerung, dem Datendschungel und der Plastikindustrie, ist es wieder ein globales Thema, dem sich Boote widmet. Und wie zuvor gibt es dafür sicher keine einfache Antwort. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht danach suchen sollte.
“Raus aus der Zuckerwatte des Konsums”, wird da zum Ende hin formuliert – nachdem man Wälder brennen sah, Ozeane verschmutzt wurden und indigene Völker um ihre Lebensgrundlage fürchten mussten. Dennoch bleibt man nicht verzweifelt zurück, sondern im besten Sinne nachdenklich. Auch wenn nicht alles neu, wenn nicht alles von bleibendem Eindruck ist: “The Green Lie” funktioniert und wirft vielfach die richtigen Fragen auf.
>> Alle Filmstartzeiten zu “The Green Lie”
(APA)