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ÖVP-Spitzenkandidat Christian Benger im Interview: Landesregierung muss “reformwillig” sein

1-01-1970, 00:00

“Deutlich an Stimmen und Mandaten” will die Kärntner ÖVP bei der am 4. März dazugewinnen. Wie Parteichef Christian Benger im Interview mit der APA sagte, sei es das Wichtigste, dass die kommende Landesregierung “reformwillig” sei. Kritik übte Benger in diesem Zusammenhang an seinen derzeitigen Kollegen. Was Koalitionspräferenzen angeht, lässt er sich nicht in die Karten schauen.

Lösung der Hypo/Heta-Problematik nach Kärnten-Wahl essentiell

Als wichtigste Maßnahme in der ablaufenden Legislaturperiode nannte Benger eindeutig die Lösung der Hypo/Heta-Problematik: “Kärnten ist damit wieder entscheidungsfähig, zahlungsfähig und, das Allerwichtigste, zukunftsfähig.” In seinen Arbeitsbereichen hob er vor allem den Tourismusbereich hervor: Es sei sowohl gelungen, das Investitionsverhalten der Betriebe zu beflügeln, als auch die Zahl der Ankünfte auf 3,1 Millionen im Jahr 2017 zu steigern.

Auf die Frage, was in den vergangenen Jahren weniger gut gelaufen ist, sah Benger nicht viel Raum für Selbstkritik. Die Reformfreude bei seinen Kollegen habe er vermisst. “Ich habe in meinem Bereich 2015, in den schwersten Stunden dieses Landes, umgehend minus zehn Prozent beim Budget angesagt und durchgezogen. Die anderen haben sich nicht einmal überlegt, wie sie in ihrem Bereich einen entsprechenden Beitrag leisten können, damit dieses Land wieder entscheidungsfähig und zahlungsfähig wird.”

Benger: “Kenne den Begriff Zufriedenheit nicht”

Benger hatte in der Vergangenheit oft gefordert, dass in den Bereichen Verwaltung, Soziales und Gesundheit gespart werden müsse – allesamt Referate, die nicht in seiner Zuständigkeit liegen. “Diese Bereiche wurden eben immer vom Landesrechnungshof, vom Bundesrechnungshof und vom IHS zitiert. Es wurden die entsprechenden Vergleiche gemacht, geschaut, wie sieht es in anderen Bundesländern aus. Ich habe dieses Wissen zum Anlass genommen und habe aufgefordert: Jetzt wissen wir, wo wir am meisten zu handeln haben, wieso tun wir das nicht? Da fehlt mir das Verständnis.”

Auf die Frage, ob er in Zukunft eines dieser Referate übernehmen möchte, oder ob er mit seinem Aufgabenbereich zufrieden sei, antwortete Benger: “Als Unternehmer kenne ich den Begriff Zufriedenheit so ganz und gar nicht.” Für die nächste Regierungszeit gelte es, “mehr Verantwortung für die Gemeinden” zu haben. Kärnten habe die stärkste Abwanderung und die niedrigste Geburtenrate, gleichzeitig aber den höchsten Schuldenstand. Deshalb gelte es, sowohl den Straßenverkehr als auch den “Datenverkehr” auszubauen: “Wir brauchen eine digitale Revolution.” Das sei auch das Thema gewesen, das bei der ÖVP-Tour durch die Täler und Gemeinden am öftesten angesprochen worden sei. Damit entstehe Wirtschaftsleben. Und Wirtschaftsleben sei die Grundlage dafür, dass die Jungen in Kärnten bleiben oder wiederkommen könnten. Wichtig sei es auch, das Bildungsangebot zu verändern, und zwar zugunsten der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Kärntner ÖVP-Spitzenkandidat übt Kritik an Regierungskollegen

Was Prognosen zum Wahlausgang betrifft, so gibt sich Benger vorsichtig: “Unsere Erwartungen sind, dass wir deutlich an Stimmen und an Mandaten gewinnen und das Gewicht bekommen, damit wir an den Verhandlungen für die nächste Regierungsbildung teilnehmen können.” In der Vergangenheit hatte der ÖVP-Chef anklingen lassen, dass er die Arbeit in einer Zweier-Koalition bevorzugen würde – derzeit regiert in Kärnten eine Dreierkoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen. “Jede Partnerschaft, die weniger Entscheidungsträger hat, ist leichter”, sagte Benger dazu. Die nächste Regierung müsse jedenfalls “reformwillig” sein.

Ob es für seine Pläne in den Programmen der FPÖ oder der SPÖ mehr Schnittmengen gebe, wollte Benger nicht beantworten: “Das eine ist ein Wahlprogramm. Das andere ist, wirklich zu gestalten. Es wird sich dann am Verhandlungstisch zeigen, wie weit das Wahlprogramm mit dem Regierungsprogramm auch kompatibel sein kann.” Zuerst beschäftige er sich mit den Ideen und Konzepten, die im Rahmen der ÖVP-Zukunftsgespräche entstanden seien. Sich jetzt schon für oder gegen eine Koalition auszusprechen, wäre ein “Negieren des Bürgers, des Wählers, der Demokratie”.

Auf die Frage, wo seine persönliche rote Linie liegt, was extreme politische Ansichten angeht, sagte Benger: “Sollte es den geringsten Verdacht geben, dass sich altes Gedankengut in der Politik breitmacht, dann kann ich nur sagen, ein solcher Mandatar hat aus der Politik hinauszugehen.” Benger glaube, dass das eine Frage des ethischen Zugangs sei, egal, welche politische Gesinnung gegeben ist: “Das sollte längst überwunden sein.”

(Das Gespräch führte Peter Lindner/APA)

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