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Kickl kann’s nicht

7-02-2025, 08:51

Gastkommentar von Johannes Huber. Der FPÖ-Chef hat kein Interesse an einer Koalition. So wie er es anlegt, riskiert er jedoch, bei Neuwahlen zu verlieren.

Also doch: Am Dienstagabend hatte FPÖ-Chef Herbert Kickl einen Zeitungsbericht, wonach die Koalitionsgespräche vorerst gestoppt seien, als „Ente“ bzw. Falschmeldung, bezeichnet. Zwei Tage nach seinem Besuch beim Bundespräsidenten stellte er nun jedoch fest, dass die „zuletzt unterbrochenen Gespräche“ ehebaldigst fortgesetzt werden sollen. Er gestand also, dass sie sehr wohl gestoppt waren.

Die Episode zeigt: Herbert Kickl hat gerade die Kontrolle über sich selbst und das Geschehen verloren. Bisher hatte er hoch gepokert. Devise: Entweder die ÖVP lässt sich nach seinen Bedingungen auf eine Zusammenarbeit ein oder es gibt Neuwahlen. Mehr und mehr übernimmt er sich dabei jedoch.

„Kickl will nicht“, lautete der Titel eines Blogs hier Anfang Jänner: Da hatte er die ÖVP gerade zu Gesprächen eingeladen. Aber wie: Sie müsse akzeptieren, dass seine Partei die Wahlen gewonnen habe und sie allenfalls nur Juniorpartnerin wäre. Sie müsse im Übrigen eingestehen, dass sie das Land budgetär gegen die Wand gefahren habe.

Zusätzlich zu dieser Botschaft hat er auch immer wieder die Behauptung aufgestellt, dass er einen Schulterschluss mit der Bevölkerung eingegangen sei und daher quasi im Sinne aller agiere.

Damit hat er unterstrichen, dass er keine Koalition will. Er will allein bestimmen und er legitimiert sich dazu auch selbst, indem er eben so tut, als wäre er von allen österreichischen Staatsangehörigen dazu ermächtigt worden. Was für ein Unsinn: Niemand hat mehr Gegner in diesem Land als Kickl. Und natürlich: Es hat auch niemand so feste Anhänger. Bei der Nationalratswahl brachten sie der FPÖ 28,8 Prozent.

28,8 Prozent sind nicht 100 und auch nicht 50,1 Prozent, also bei weitem keine absolute Mehrheit, die eine Alleinregierung ermöglichen würde. Und selbst wenn sich eine Alleinregierung ausgehen würde, hätte eine solche Rücksicht auf die übrigen 49,9 Prozent zu nehmen. Sie muss nicht tun, was diesen gefällt, darf aber auch keine Diktatur der Mehrheit betreiben. Immerhin gibt es Minderheitenrechte.

Kickl täuscht über all dies hinweg. Das kann nicht gut ausgehen. Zum Glück eher für ihn als für das Land: Dass er bei den Koalitionsgesprächen mit der ÖVP nun gefordert hat, dass sowohl das Finanz- als auch das Innenministerium an seine Partei fallen müsse, ja nachdem er das öffentlich bekräftigt hat, riskiert er eine Niederlage. Entweder er gibt nach oder er bleibt hart – und geht mit schlechteren Karten in Neuwahlen: Ebensolche würde es dann nur geben, weil Freiheitliche nicht die Macht und die Posten erhalten, die sie wollen. Das kann man nicht erfinden. Es ist dazu angetan, Wähler zu vertreiben.

Das zeigt im Übrigen, dass Kickl es nicht kann: Es ist ihm nicht nur unmöglich, Kompromisse einzugehen mit einer anderen Partei. Er ist auch außer Stande, Koalitionsgespräche so eskalieren zu lassen, dass seine Erfolgsaussichten gestärkt werden. Beispiel: Hätte er den Konflikt in Asylfragen gesucht und nicht bei Posten, hätten die Freiheitlichen bei allfälligen Neuwahlen wohl zugelegt. So aber könnte es auf das Gegenteil hinauslaufen. Allein schon aus der dieswöchigen Verhandlungspause, die er zunächst verleugnet hat, geht er jedenfalls geschwächt hervor.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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