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Was will Babler noch?

Heute, 08:55

Gastkommentar von Johannes Huber. Der SPÖ-Vorsitzende ist gescheitert. Die Gründe tun nichts zur Sache: Es ist ein Rätsel, warum es zu keiner Neuaufstellung der Partei kommt.

Immer wieder ist dieser Tage von „Schlafwandlern“ die Rede. In Bezug auf ÖVP-Politiker zum Beispiel, die nicht wahrhaben wollen, worauf die FPÖ von Herbert Kickl hinauswill: Absolute Macht, in der am Ende kein Platz mehr für sie sein wird. Was durchaus realistisch ist: Türkise haben sich eingebildet, Blaue kopieren zu müssen. Ergebnis: Sie haben sich ein Stück weit überflüssig gemacht. Das Original, also die FPÖ, kommt rechts der Mitte ungleich besser an.

„Schlafwandler“ gibt es auch in der SPÖ: Sie sehen nicht, dass es schon sehr bald zu Neuwahlen kommen könnte. Die Betonung liegt auf „könnte“. Für eine Partei sollte das jedoch ausreichen, um sich auf den Fall der Fälle vorzubereiten.

In der SPÖ gilt hingegen die Devise: Augen zu. Die Wiener Genossen um Bürgermeister Michael Ludwig sind auf eigenes Glück bei der vorgezogenen Gemeinderatswahl Ende April fixiert. Bis dahin ist die Bundesorganisation unter Führung von Andreas Babler kein Thema für sie.

Das ist hochriskant. Babler selbst ortet nämlich null Handlungsbedarf, glaubt, alles richtig zu machen und daher auch bei der nächsten Nationalratswahl sozialdemokratischer Spitzenkandidat zu sein. Wann immer das sein wird. Folge: Die Partei muss befürchten, weiter zu verlieren und allenfalls rund 20 Prozent zu halten. Damit wird sie auch in Zukunft kein bestimmender Faktor in der Bundespolitik sein – und vielleicht nie mehr einer werden.

Das Dilemma der SPÖ ist offensichtlich: Babler ist gescheitert. Er hat die Partei auf Platz eins bringen wollen. Sowohl bei der Europa- als auch bei der Nationalratswahl ist sie jedoch Dritte geworden. Wähler, denen die Teuerung ganz besonders zusetzt, wollte er gewinnen. Arbeiter etwa. Genau sie hat es jedoch zu Kickl gezogen.

Was ist schiefgelaufen? Babler hat kein attraktives, glaubwürdiges Programm zusammengebracht. Das liegt an eigenem Unvermögen und an sogenannten Parteifreunden, die sich offen gegen ihn und seine Inhalte gestellt haben. Sowie an auflagenstarken Zeitungen, die gegen seine Vermögenssteuerpläne kampagnisiert haben. Es gibt also viele Erklärungen, ist jedoch müßig, sich länger damit herumzuschlagen. Das Ergebnis zählt.

Sollte nun eine blau-türkise Bundesregierung kommen, kann die SPÖ nicht davon ausgehen, groß davon zu profitieren. Natürlich wird es eine Polarisierung geben, also auch eine Gegenbewegung zu Kickl. Sie könnte aber eher den Grünen helfen, ihre Krise zu überwinden und wieder stärker zu werden.

Das Problem der SPÖ ist, dass sie mit Babler die Mitte nicht besetzen kann, die sich da auftun dürfte. Genauer: Auf der einen Seite wird es wohl eine gefestigte FPÖ geben. Enttäuschte Anhänger der ÖVP, die ihr nicht verzeihen, die Absage an Kickl aufgegeben zu haben, werden aber kaum zur SPÖ wechseln. Ihnen bieten sich eher Grüne, aber auch Neos an.

Was also will Babler noch? Es ist ein Rätsel. Und es ist verhängnisvoll für die Sozialdemokratie, dass es da offenbar niemanden gibt, der auf Konsequenzen drängt. Es ist, als habe sich die Partei auf Bundesebene bereits aufgegeben.

Johannes Huber betreibt den Blog  – Analysen und Hintergründe zur Politik

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