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Was Kinder kosten: 50 Jahre alte Daten

6-12-2017, 11:11

Es ist kaum zu glauben: Die letzte Erhebung jener finanziellen Mittel, die Familien für ihre Kinder aufbringen müssen, um deren Bedürfnisse abzudecken, stammt aus dem Jahr 1964 - die sogenannten Regelbedarfssätze. Seitdem haben sich Lebensumstände und die damit verbundene Ausgabenlage wesentlich verändert: Technische Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre wie Handys und Smartphones, Computer und Laptops sind darin etwa noch nicht berücksichtigt, werden aber längst auch in Schulen selbstverständlich vorausgesetzt. Insgesamt ist derzeit nicht bekannt, welche Kosten Familien aktuell für Wohnen, Essen, Kleidung, Wohnraum, Kinderbetreuung und Schule oder auch Freizeit und Urlaub tragen müssen.

Damit fehlen der Politik die empirischen Grundlagen, kritisieren nun mehrere Organisationen, die sich mit dem Kindswohl beschäftigen, gemeinsam mit der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit (Kinderliga). Sie fordern in einem Offenen Brief, den Regelbedarf von Kindern auf einer statistisch zuverlässigen Basis zu erheben. Die neue Regierung solle in ihrem Koalitionsabkommen eine Analyse der Kinderkosten verankern, sind sich die 70 Organisationen einig - darunter Plattform für Alleinerziehende, Kinderfreunde, Katholischer Familienverband, Volkshilfe, Frauenring, UNICEF, die Diakonie und SOS Mitmensch.

Indexierung reicht nicht

"Wir fordern die Bundesregierung nachdrücklich auf, die Durchführung einer neuen Kinderkosten-Erhebung im Regierungsprogramm zu verankern und zu budgetieren", fordern die Unterzeichner in dem Brief an ÖVP-Obmann Sebastian Kurz, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sowie alle Klubobleute der Parlamentsparteien. Sachorientierte Politik brauche solche empirischen Grundlagen, betont Christoph Hackspiel, Präsident der Kinderliga, nur wenn die finanzielle Lage von Familien neu erfasst werde, können familienpolitische Maßnahmen realistisch geplant werden. Derzeit beziehen sich Familienrecht oder familienpolitische Maßnahmen auf den Regelsatz aus 1964, auch für die Berechnung von Unterhaltszahlungen wird noch immer diese alte Kinderkostenstudie herangezogen. Auch wenn die Regelbedarfssätze, die für Kinder je nach Altersstufe einen bestimmten Bedarf festlegen, jährlich an den Verbraucherpreisindex angepasst werden, seien die zugrunde liegenden Berechnungen seit einem halben Jahrhundert unverändert. Das bilde die Realität nicht entsprechend ab.

Besonders stark treffe dieses Versäumnis sozial schwache Familien. In Österreich leben laut Informationen der Kinderliga etwa 300.000 Kinder in manifester Armut oder sind armutsgefährdet. Inzwischen gilt als bewiesen, dass Armut krank macht: Die untersten sozialen Schichten weisen die schwersten Krankheiten auf und sind gleichzeitig mit der geringsten Lebenserwartung ausgestattet. Leben in Armut macht Stress, schwächt die Abwehrkräfte und das Immunsystem. Finanzielle Not, Arbeitslosigkeit oder schlechte Wohnverhältnisse (Feuchtigkeit, Lärm, Abgase) machen krank. Hackspiel betont den Zusammenhang dieser Umstände mit der Forderung: "Es ist höchste Zeit, auf die tatsächlichen Lebenslagen von Kindern und Familien einzugehen."

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