
Kann man über Kunst noch reden? Zuletzt wurde – auch in dieser Zeitung – beklagt, dass sich Kunstszenen vermehrt abschotten und keine gemeinsame Sprache mehr finden. Der Blick in Ausstellungsprogramme 2018 gibt insofern Hoffnung, als Institutionen versuchen, Künstler und Kunstrichtungen über Zeit- und Genregrenzen hinaus zu vernetzen. Zugleich erwarten uns so viele Gedenkausstellungen, dass gilt, auf den Blick nach vorn nicht zu vergessen.
Foto: /Leopold Museum Privatstiftung Das Jahr 1918, in dem mit Klimt, Schiele, Otto Wagner und Koloman Moser vier Hauptfiguren der Wiener Moderne verstarben, prägt heuer das museale Geschehen massiv – das Gedenken an die Republiksgründung, das in der für November angekündigten Eröffnung des "Hauses der Geschichte" in der Neuen Burg gipfeln soll, ist da noch gar nicht berücksichtigt. Vom Leopold Museum, das eine Überblicksausstellung zu "Wien 1900" (18.1. – 10.6.) sowie eine Schiele-Jubiläumsschau (3.3. – 4.11.) ausrichtet, reicht der Reigen bis zum MAK, das eine Kolo-Moser-Retrospektive zeigt (ab 19.12.) Dazwischen beleuchten Ausstellungen die Wiener Salonkultur, den Einfluss von Klimt (Belvedere, 23.3. – 26.8.) und Otto Wagner (Wien Museum,15.3. – 7.10.; MAK, 30.5. – 30.9.) und vieles mehr. Einen guten Überblick bietet die Website .
Der Konnex der Wiener Moderne zur Gegenwart ist eher im Ausland Thema – so zeigt die Tate Liverpool Schiele-Blätter neben den Selbstinszenierungen von Francesca Woodman (24.5. – 23.9.). Allein im Leopold Museum wird Schiele mit Thomas Palme und Günter Brus kombiniert (3.3. – 11.6.).
Foto: /KHM-Museumsverband Brus, der Ex-Aktionist und zeichnende Poet, gehört zu den Künstlern, die 2018 dank eines runden Geburtstags geehrt werden – Brus wird im September 80, gefeiert wird im Belvedere 21 (ehemals 21er Haus, 2.2. – 12.8.). Das mumok erinnert von 3.2. bis 27.5. an den Bildhauer, Maler und Zeichner Bruno Gironcoli. Den 80er des Wahl-Österreichers Georg Baselitz am 23.1. feiert man in der Fondation Beyeler bei Basel/CH (21.1. – 29.4.) und in München (Pinakothek der Moderne, 23.1. – 18.2.). Die Kunsthalle Krems gratuliert dem Dänen Per Kirkeby mit einer Schau (ab 25.11.) Der Todestag Pieter Brugels d. Ä. jährt sich 2019 zum 450. Mal – die große Schau des KHM zum Werk des Niederländers eröffnet schon im Herbst (2.10.).
Das KHM holt 2018 zudem hochkarätige Leihgaben aus aller Welt und stellt Werke von J.M.W. Turner, Mark Rothko oder Peter DoigSchätze der eigenen Sammlung gegenüber: "The Shape of Time" (6.3. – 8.7.) wagt damit den direkten Dialog von neuer und alter Kunst. Die Albertina holt im Herbst Hauptwerke von Claude Monet nach Wien (ab 21.9.). Als österreichischer Export-Schlager darf indes Franz West gelten, dem das Centre Pompidou Paris eine Schau ausrichtet (12.9. – 10.12.), die 2019 in die Tate Modern London weiterwandert.
Foto: AP/Kirsty Wigglesworth Aus Großbritannien importiert Österreich ungeachtet des Brexit 2018 auffallend viel Kunst: Das Belvedere 21 zeigt die Bildhauerin Rachel Whiteread (7.3.– 29.7.), die Secession lädt die höchst angesagte Anthea Hamilton, die ab 21.3. auch die Turbinenhalle der Tate Modern gestalten wird, zu einer Schau in Wien ein (ab September). US-Künstler Ed Ruscha, im Sommer in der National Gallery in London präsent, bespielt im Herbst die Secession. Tacita Dean, ebenfalls im Programm der National Gallery, kommt ins Kunsthaus Bregenz (ab 20.10.). 2019 dürfen die Museen der Welt dann wieder Schätze von Klimt und Schiele aus Österreich ausleihen.
Nach der Ballung von Documenta, Venedig-Biennale und den „Skulptur Projekten Münster“ im Vorjahr möchte man glauben, dass der aktuelle Stand der Kunst hinlänglich festgeschrieben sei. Doch die Welt dreht sich schnell, und ehemals periphere Kunst-Orte erfahren immer mehr Aufmerksamkeit.
Der Kunstsommer 2018 wird einerseits von der Berlin Biennale bestimmt, die sich zuletzt zum Mekka für alles mauserte, was hip und angesagt ist: Die von der Südafrikanerin Gabi Ngcobo kuratierte Schau findet von 9.6. bis 9.9. in der deutschen Hauptstadt statt.
Die Manifesta macht als „nomadische Kunstbiennale“ heuer in Palermo halt: Von 16.6. bis 4.11. will das Kuratoren-Team dort Brücken von der Mittelmeer-Region ins restliche Europa bauen.
Foto: Belvedere Wien Zu den Künstlern, die anderswo in großem Stil gefeiert werden, gehört der Barockmaler Bartolome Esteban Murillo, dessen 400. Geburtstag in seiner Heimatstadt Sevilla sowie mit einer Schau in der National Gallery London (28.2. – 21.5.) begangen wird. Im Pariser Grand Palais ist der tschechische Wegbereiter der Abstraktion, František Kupka, in einer Retrospektive zu entdecken (21.3. – 30. 7.) Das MoMA in New York widmet dem zurückgezogen lebenden, doch enorm einflussreichen Künstler Bruce Nauman eine monumentale Werkschau (ab 21.10.).
Neue Kunstbauten werden u.a. im schottischen Dundee eingeweiht, wo eine Außenstelle des Victoria & Albert Museums eröffnet. London erhält im Herbst dazu ein neues Museum für Fotografie.
