
An kaum etwas lässt sich so hervorragend ablesen, wie grundlegend und rasant sich die Machtzentren der Welt derzeit verschieben, wie am Kunstmarkt.
Denn wenn es um Spitzenpreise – nicht unbedingt für Spitzenwerke – geht, sind Europa und Amerika abgemeldet. Das neue Geld, mit dem Prestige und Bedeutung auch am Kunstmarkt erkauft wird, liegt vielleicht gerade noch in Russland in Sichtweite; in den allermeisten Fällen aber in Asien und dem arabischen Raum.
Das hat sich nun wieder bewahrheitet – und zwar beim absoluten Spitzenpreis, der für ein nicht ganz unumstrittenes Gemälde gezahlt wurde. 450 Millionen Dollar erzielte "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci bei einer Auktion. Und diese Rekordsumme kam aus dem gut gefüllten Börserl eines saudischen Prinzen.
Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud heißt laut New York Times der ursprünglich anonym gebliebene Käufer, er sei ein Vertrauter des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der gerade den Staat umkrempelt.
Foto: APA/AFP/KARIM SAHIB Ein symbolträchtiger Kauf. Denn "Salvator Mundi" soll alsbald im Louvre-Ableger in Abu Dhabi gezeigt werden. Den wundersamen Nouvel-Bau in der Wüste sieht nicht nur Die Zeit als "späte Rache des Südens am Norden und ebenso der Aristokratie am Plebs".
Denn mit ihren (noch) unerschöpflichen Mitteln kaufen sich die monarchistisch geführten Ölstaaten einen künstlichen Part im weltweiten Kulturgefüge. Eine Milliarde Dollar kostet der Name "Louvre" für 30 Jahre.
Der Westen sieht staunend zu; wenn etwa Scheicha al-Majassa bint Hamad bin Chalifa al-Thani aus Katar mit einer Milliarde Dollar jährlich weltweit Kunst kaufen geht. Da braucht man die Ankaufsbudgets der österreichischen Museen gar nicht erst zusammenrechnen. Sie kaufte etwa einen "Schrei" von Edvard Munch (es gibt mehrere, dieser kostete 120 Millionen Dollar) und "Nafea Faa Ipoipo" von Paul Gauguin (300 Millionen Dollar, damals das teuerste Kunstwerk).
Nun also geht auch das einzige Da-Vinci-Gemälde am freien Markt in den arabischen Raum. Nach dem Louvre soll es nämlich im internationalen Leihgabenzirkus Geld machen. Zumindest in den Märkten, die sich das leisten können. Erraten: Nach Asien und in den arabischen Raum soll der Da Vinci verliehen werden; er soll die Ersatz-Mona-Lisa für die nicht-westliche Welt werden.
Da können die westlichen Kunsthistoriker auf den unterschiedlichen künstlerischen Wert pochen, so viel sie wollen. Während es nämlich wegen der hohen Versicherungskosten in Europa und den USA zusehends schwieriger wurde, hochkarätige Werke aus aller Welt zu Blockbuster-Ausstellungen zu vereinen, gibt es anderswo Museen, die sich das leisten können.
Abgewickelt hat der Prinz den Kauf übrigens über zwei Investmentfirmen. Die überlegen auch, das Bild weiterzuverkaufen, sollte sich der Preis noch steigern lassen.
Das ist nicht unrealistisch. Verkäufer war der im Exil lebende russische Milliardär Dmitri Rybolowlew. Der Besitzer des französischen Fußballklubs AS Monaco hatte das Werk vor vier Jahren für – man möchte fast sagen "nur" – 127,5 Millionen Dollar vom Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier gekauft.
