
Die Wiener Theatermaschine ist auf Hochtouren gelaufen: Von Donnerstag bis Sonntag haben die großen Wiener Bühnen ein Premieren-Stakkato abgeliefert, das in dieser Dichte auch in Wien Seltenheitswert hat. Und vor allem auch in dieser thematischen Enge: Von "Professor Bernhardi" am Donnerstag in der Josefstadt über "1984" (Freitag, Volkstheater) und den "Volksfeind" (Samstag, Burgtheater) bis zu "Willkommen bei den Hartmanns" (Sonntag, Akademietheater) - die Bühnen rieben sich am politischen Tumult, der uns umgibt - mal mehr, mal weniger aktualisiert.
Man ist also im Theater verdammt nah an den Schlagzeilen gewesen. Dass das Theater in Dämmerzeiten das Licht der Aufklärung höher hält als sonst, ist ein weltweiter Trend: Wenn die Häppchen aus den sozialen Medien die öffentliche Diskussion bestimmen und jene an die politische Macht kommen, die Lösungen zum Runterschlingen versprechen, dann fühlt sich die Bühnenwelt berufen, auf die Bremse zu steigen. Natürlich nicht ganz zu Unrecht: Die Komplexität und Uneindeutigkeit eines guten Theaterabends ist ein Gegenprogramm zur gesamtgesellschaftlichen Reduktion.
Heikel wird es für die Bühnen aber, wenn sie dauerhaft eben dieser Reduktion unterliegen. Es ist, das möchte man derzeit fast hinausschreien, nicht niederschreiben müssen, das menschliche Leben mehr als eine permanente Flüchtlings- und Populismusdebatte. Ein derartiges Wochenende - schön, gut, wichtig. Aber dann ist es auch wieder gut. Diese vergifteten Debatten haben im Alltag schon ein verheerendes Übermaß angenommen. Die Bühnen müssen ein Ort sein, der diese Themen tiefer gehend behandelt als es im Alltag möglich ist, der auf Mitgefühl pocht, auf Verständnis (im Sinne von: den Anderen im Anderssein verstehen), wo Zwischenräume entstehen und nicht mit Hasskurzmeldungen weggebrüllt werden.
Aber die Bühnen müssen auch ein Ort sein, der darauf beharrt, dass er noch grundlegendere Fragen kennt, andere, wichtigere als die, die sich derzeit aufbauschen. Daher: Bitte so bald nicht wieder so ein Wochenende.
