Die USA verschärfen und schüren Sorgen vor einem Ausufern des Konflikts der beiden größten Wirtschaftsmächte. US-Präsident Donald Trump droht auf weitere Produkte im Wert von 200 Mrd. Dollar (170,8 Mrd. Euro) zusätzliche Zölle zu erheben, wie aus einer Liste der Regierung in Washington hervorgeht.
Auf diese Waren sollen zusätzlich zehn Prozent bei der Einfuhr in die USA fällig werden - darunter Sojabohnen, Stahl, Kohle und Elektronik. Regierungskreisen zufolge sollen die Zölle aber erst in zwei Monaten greifen, was Zeit für Verhandlungen lässt. China äußerte sich schockiert und kritisierte die US-Pläne als inakzeptabel. Die Volksrepublik werde darauf reagieren müssen, erklärte das Handelsministerium am Mittwoch.
Die Furcht vor einem Handelskrieg setzte weltweit den Börsen zu. Sollte Trump die Drohung wahr machen, wären rund die Hälfte der in die USA ausgeführten chinesischen Güter betroffen, erläuterte Ökonom Rajiv Biswas vom Forschungsinstitut IHS Markit. "Unter den Marktteilnehmern wächst die Sorge, dass sich der Handelskrieg auf die Güterwirtschaft auswirkt und das globale Wachstum bremst", so Commerzbank-Experte Eugen Weinberg. Allerdings könne China nicht mehr im gleichen Umfang zurückschlagen, da es im vorigen Jahr "nur" Güter und Dienstleistungen aus den USA im Wert von insgesamt rund 150 Mrd. Dollar eingeführt habe. Falls sich der Konflikt weiter hochschaukele, drohe eine gefährliche Eskalationsspirale, warnte Chefökonom Uwe Burkert von der Landesbank LBBW: "Die Zahlen sind gewaltig, die Aufheizung des Konflikts dramatisch."
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Die Regierung in Washington hatte bereits in der vorigen Woche zusätzliche Zölle auf chinesische Waren im Wert von 34 Mrd. Dollar eingeführt, worauf Peking mit Gegenmaßnahmen reagierte. Zuvor hatten sich die USA bereits mit Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium vor ausländischer Konkurrenz abgeschottet. Womöglich ist das Ende der Fahnenstange trotzdem noch nicht erreicht: Trump hat schon damit gedroht, chinesische Produkte im Gesamtwert von 500 Mrd. Dollar mit Sonderzöllen zu belegen.
Die Regierung in Peking kündigte an, umgehend eine Klage bei der Welthandelsorganisation WTO einzureichen. Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer verteidigte die US-Linie. China sei mehr als ein Jahr lang aufgefordert worden, die unfaire Handelspolitik zu beenden, den eigenen Markt zu öffnen und sich dem Wettbewerb zu stellen. Der US-Botschafter bei der WTO, Dennis Shea, stieß in dasselbe Horn: Das Reich der Mitte füge seinen Handelspartnern schweren Schaden zu. Die "Abrechnung" dafür dulde keinen Aufschub mehr. Doch die WTO sei nicht der richtige Platz, um viele der wesentlichsten Probleme zu lösen.
Der Chef des chinesischen Staatsfonds CIC, Tu Guangshao, befürchtet, dass sich die Eskalationsspirale nun weiter drehen wird: "Keiner von uns hofft, dass es zu einem Handelskrieg kommt, aber er scheint unvermeidlich zu sein", sagte er in Paris. Der Fonds werde nun in Europa verstärkt investieren.
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Die deutsche Bundesregierung will trotz der weiteren Zuspitzung im Streit zwischen den USA und China noch nicht von einem Handelskrieg sprechen. Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Peter Altmaier verwies darauf, dass der CDU-Politiker davon gesprochen habe, dass ein solcher Handelskrieg vermieden werden sollte. Es dürfe keine Spirale von Zollerhöhungen geben. Besser sei es, Zölle zu senken.
Doch auch in der EU herrscht Sorge, dass sich der Handelsstreit mit den USA verschärfen könnte - falls es zu zusätzlichen Zöllen auf europäische Autos kommt. Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hat den Chefs von BMW, Daimler und Volkswagen allerdings jüngst eine Lösung unterbreitet, die auf eine Streichung der Zölle hinausläuft. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ist bereit dazu, dass die EU mit den USA darüber verhandelt. Bedingung sei aber, dass die Regelung auf alle Länder übertragen wird, mit denen die EU Autos handelt.
Die deutsche Industrie setzt sich für den Abbau aller Industriegüterzölle ein. Gespräche sollten zum Ziel haben, nach den Vorgaben der WTO annähernd den gesamten Handel zu liberalisieren, sagte Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Branchenverbands BDI: "EU und USA müssen im Gespräch miteinander bleiben. Ziel muss sein, transatlantische Handelsbarrieren abzubauen."
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