Wer bis zuletzt auf eine Lösung des Handelskonflikts zwischen US-Präsident Donald Trump (links) und Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping (rechts) gehofft hatte, wurde am Freitag enttäuscht. Der laut China "größte Handelskrieg der Wirtschaftsgeschichte" hat begonnen: Die USA setzten am 6. Juli Milliarden-Strafzölle auf chinesische Waren in Kraft, China verhängte wenig später Vergeltungszölle gleichen Ausmaßes. Auch Unternehmen in Österreich und ganz Europa sind betroffen, wie Wirtschaftsverbände kritisierten.
Chinas Regierungschef Li Keqiang, der am Montag in Berlin erwartet wird, plädierte erneut für Freihandel und multilaterale Absprachen.
Die US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar (29 Mrd. Euro) traten um Mitternacht US-Ostküstenzeit (6.00 Uhr MESZ) in Kraft. Sie betreffen insgesamt 818 Produkte vor allem aus dem Hightech-Bereich, darunter Autos, Flugzeugteile und Festplatten.
Peking verhängte nur wenige Stunden danach Vergeltungszölle. "Die chinesischen Maßnahmen sind mit sofortiger Wirkung in Kraft", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Laut der Nachrichtenagentur Xinhua belegte China US-Waren ebenfalls im Wert von 34 Mrd. Dollar mit zusätzlichen Zöllen in Höhe von 25 Prozent. Sie dürften vor allem landwirtschaftliche Produkte treffen.
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Donald Trump begründet seine auch im eigenen Land umstrittene Strafzollpolitik mit dem enormen US-Handelsdefizit gegenüber China, das er als Ausdruck einer unfairen Handelsbeziehung betrachtet. Im vergangenen Jahr summierte sich das Defizit nach US-Angaben auf 375 Mrd. Dollar. Zudem wirft Trump China vor, sich durch Diebstahl geistigen Eigentums sowie erzwungenen Technologietransfer bei ausländischen Investitionen unfaire Vorteile zu verschaffen.
Chinas Regierungschef Li, am Freitag zu Gast in Bulgarien bei einem Treffen mit 16 EU- und Balkanstaaten, sagte: "Ein Handelskrieg nützt niemandem." China werde sich gegen Zollerhöhungen wehren, doch ein Handelskrieg schade dem freien Handel und dem multilateralen Prozess. Und er fügte hinzu: "China hat riesige Märkte, um zu wachsen."
Ungeachtet aller Kritik hat Trump aber bereits eine nächste Eskalationsstufe ins Spiel gebracht: Sein Handelsbeauftragter Robert Lighthizer prüft weitere Aufschläge auf chinesische Waren im Gesamtwert von 16 Mrd. Dollar. Darüber hinaus drohte der US-Präsident in den vergangenen Wochen, auf chinesische Gegenmaßnahmen mit weiteren Zöllen auf Einfuhren im Wert von bis zu 400 Mrd. Dollar zu antworten. Betroffen wären dann die allermeisten chinesischen Ausfuhren in die USA.
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Von den österreichischen Unternehmen könnten nach Meinung von Michael Löwy, Bereichsleiter Internationale Beziehungen in der Industriellenvereinigung (IV), zufolge vor allem jene betroffen sein, die in China produzieren und von dort in die USA exportieren. Seiner Einschätzung nach gibt es mehr österreichische Unternehmen, die in China produzieren und in die USA exportieren als umgekehrt und dürften daher vermehrt betroffen sein.
"Niemand profitiert von so etwas", sagte der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher. Letztlich führten alle Maßnahmen dazu, dass Produkte teurer würden. Bezahlt werde dies am Ende vom Konsumenten: "Und das geht auf Kosten des Wachstums."
In Berlin warnten der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der Außenhandelsverband BGA vor den Folgen für Unternehmen weltweit. "Wenn zwei sich streiten, freut sich kein Dritter", erklärte der BGA. Bei vielen Produkten sei die internationale Arbeitsteilung so weit vorangeschritten, dass vermeintlich gezielte Maßnahmen zwangsläufig auch Unternehmen in der Lieferkette aus unbeteiligten Ländern träfen.
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Daimler etwa gab schon eine Gewinnwarnung aus, unter anderem weil der Autobauer in den USA gefertigte SUVs nach China exportiert - er erwartet einen geringeren Absatz und höhere Kosten. Auch der DIHK verwies auf "gewachsene Lieferbeziehungen zwischen den deutschen Tochtergesellschaften in China und denen der USA". Sie würden jetzt mit neuen Zollkosten belastet.
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier rief daher dazu auf, dass Deutschland und China sich beim Regierungsgipfel am Montag und Dienstag in Berlin "mit Worten und Taten klar zu den Regeln der internationalen Welthandelsordnung und zum Anstreben multilateral geltender Spielregeln für Handel und Investitionen bekennen".
Rund um den Globus schürt der Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften die Angst vor einem dramatischen Konjunktureinbruch. Deutschlands Regierungssprecher Steffen Seibert betonte in Berlin, Handelskonflikte schadeten letztlich allen Beteiligten. Die russische Regierung beobachte den Handelskonflikt mit "großer Aufmerksamkeit" und werde seine Interessen "mit den notwendigen Maßnahmen schützen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
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