Immer mehr Menschen zocken im Internet. Auch 2017 ist der Online-Glücksspiel und -Sportwettenmarkt rasant gewachsen, zeigt der am Freitag veröffentlichten "Branchenradar" des Beraters Andreas Kreutzer. Der Marktanteil der Anbieter ohne österreichische Lizenz liegt bereits bei 65 Prozent, weswegen Kreutzer weiter für eine Liberalisierung des Internetglücksspiel plädiert.
Auch offline ist die Spiellust der Österreicher ungebrochen. Insgesamt legte der Markt für Glücksspiel und Sportwetten - genauer: die Bruttospiel- und -wetterträge - um vier Prozent auf 1,675 Mrd. Euro zu. Der Großteil davon entfiel mit 716 Mio. Euro (2016: 700 Mio.) auf den stationären Sektor. Dazu rechnet Kreutzer die zwölf Inlandscasinos des teilstaatlichen Casinos-Austria-Konzerns, die Sportwettbüros (zum Beispiel die "Admiral"-Spielstätten des Branchenriesen Novomatic) sowie das Automatenglücksspiel in den Bundesländern, das ebenfalls Novomatic und der Casinos-Konzern mit seinen WINWIN-Spielhallen dominieren.
Das Lotteriespiel (offline und online auf win2day gelöste Scheine) kam auf 676 (656) Mio. Euro, und der Online-Sektor auf 283 nach 254 Mio. Euro im Jahr davor. Der Bruttospielertrag der Online-Anbieter erhöhte sich damit um mehr als 11 Prozent, sie schulterten fast 45 Prozent des Gesamtwachstums am Glücksspielsektor.
Die zu den Lotterien des Casinos-Austria-Konzerns gehörende Plattform win2day, die hierzulande als einzige legal Online-Glücksspiel anbieten darf, trug laut Kreutzer vergleichsweise nur einen geringen Teil zum Zuwachs bei. "Knapp 85 Prozent kamen von Spieleplattformen, die ohne heimische Lizenz anbieten. Damit stieg deren Marktanteil auf rund 65 Prozent."
Auf diesem "grauen Markt", wie Kreutzer ihn nennt, ist die Konzentration der Anbieter hoch. Die zehn Größten teilten sich im Vorjahr mehr als 85 Prozent des Marktvolumens.
Durch das starke Wachstum des Online-Sektors sank der Marktanteil des stationären Glücksspielbereichs um 0,7 Prozentpunkte auf 42,8 Prozent, jener des Lottospiels um 0,4 Prozentpunkte auf 40,3 Prozent.
Angesichts des hohen Anteils des "grauen Markts" - das sind Anbieter wie bwin bet-at-home - rief Kreutzer den Gesetzgeber erneut dazu auf, das Online-Glücksspiel zu liberalisieren, also ein paar österreichische Lizenzen zu vergeben. Derzeit gibt es nur die vom Finanzministerium erteilte Lotterielizenz, die die Casinos-Austria-Tochter Lotterien zum Online-Zocken berechtigt.
Die zahlreichen anderen Anbieter halten das Glücksspielmonopol der Casinos Austria für EU-rechtswidrig. Sie operieren meist mit einer Lizenz aus Malta oder aus einem anderen EU-Land und sagen, die Dienstleistungsfreiheit erlaube ihnen, mit dieser Konzession in allen Staaten der Union Geschäfte zu machen.
Was die rechtliche Situation noch komplizierter macht: Auf vielen der Seiten werden neben Glücksspiel auch Sportwetten angeboten, die in Österreich, im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern, legal sind, weil sie nicht unter das Glücksspielmonopol fallen. "80 Prozent des grauen Online-Glücksspiels findet auf Sportwettplattformen statt", sagte Kreutzer zur APA.
Der Berater hat bereits im März gemeinsam mit großen, nicht in Österreich lizenzierten Online-Anbietern öffentlich für eine Marktöffnung plädiert. Die vom Finanzministerium geplanten Sperren von illegalen Zockseiten (IP blocking) hatte bei den Anbietern für Empörung gesorgt.
Im Februar hatte das Finanzministerium einen Entwurf für die Novellierung des Glücksspielgesetzes (GSpG) in Begutachtung geschickt, der unter anderem Internetsperren vorsah. Damit wollte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) das nicht erlaubte Glücksspiel zurückdrängen und das Monopol der Casinos Austria, die zu einem Drittel dem Staat gehören, schützen. Vorgesehen war auch, dass mit der Novelle bisher geschlossene Verträge zwischen Spielern und illegalen Anbietern nichtig werden, wodurch es möglich wäre, rückwirkend verlorene Einsätze zurückzuverlangen.
Der Entwurf wurde jedoch kurz nach Versendung zurückgezogen; begründet wurde das mit einem technischen Versehen. Erneut versandt wurde der Entwurf, entgegen mehrerer Ankündigungen des Finanzministeriums, bisher nicht. Die geplante Novelle hatte bei den Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ nach APA-Informationen für Diskussionen gesorgt, es ging unter anderem um den Einfluss der betroffenen Großkonzerne.