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VW will Winterkorn haftbar machen

1-01-1970, 00:00

Anklage, Haftbefehl und jetzt auch noch das. Nachdem bereits die US-Justiz hinter Ex-VW-Chef Martin Winterkorn her ist, mischt jetzt auch noch sein ehemaliger Konzern mit.

Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet, prüft Volkswagen nämlich gerade, ob man Winterkorn für den entstandenen Schaden am Unternehmen haftbar machen könnte. Der Bericht beruft sich auf Aussagen den Aufsichtsrats-Vorsitzenden Hans Dieter Pötsch.

Es kursiere auch bereits eine Summe und die könnte selbst für den Multi-Millionär Winterkorn das Ende bereiten. Kenner meinen gar, dass Winterkorn „eine Milliarde Euro wert“ sei.

Winterkorn könnte alles verlieren

Winterkorn hat in seiner Karriere als Top-Manager über 100 Millionen Euro verdient. Allein seine Pensionsansprüche liegen bei 30 Millionen. Kommt es hart auf hart, ist dieses Geld komplett weg, meint der Berliner Rechtsprofessor Gregor Bachmann in dem Bericht. Dem Ex-Konzernboss droht schlimmstenfalls der Ruin.

Anklage und Haftbefehlt

Die amerikanische Justiz klagt Winterkorn an und will den früheren Top-Manager wegen Betrugs im Abgasskandal hinter Gittern sehen. Dem 2015 zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden wird außerdem Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vorgeworfen, geht aus einer am Donnerstag in Detroit (US-Staat Michigan) veröffentlichten Klagsschrift hervor.

Wie eine Justizsprecherin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, erging inzwischen ein Haftbefehl gegen Winterkorn. In Deutschland ermittelt derweil die Staatsanwaltschaft Braunschweig unter anderem wegen Betrugsverdachts weiter gegen Winterkorn.

Winterkorn äußerte sich vorerst nicht

Ein Anwalt des inzwischen 70-Jährigen sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, man prüfe die Anklage und werde sich "zu gegebener Zeit äußern". Von Winterkorn selbst war keine Stellungnahme zu erhalten. US-Justizminister Jeff Sessions hatte zuvor in Washington erklärt: "Wer versucht, die Vereinigten Staaten zu betrügen, wird einen hohen Preis bezahlen." Die Tatsache, dass kriminelle Taten auf höchster Ebene abgesegnet gewesen sein dürften, sei erschreckend, so Staatsanwalt Matthew J. Schneider vom östlichen Bezirk Michigans.

US-Ermittler: Winterkorn wusste Bescheid

Die US-Ermittler gehen davon aus, dass Winterkorn im Mai 2014 und Juli 2015 über die Manipulationen informiert wurde. Er habe dann mit anderen Führungskräften entschieden, die Praxis fortzusetzen. Der Manager hatte betont, vor dem Bekanntwerden der Affäre um weltweit rund 11 Millionen Autos mit falschen Abgasdaten in der Öffentlichkeit im September 2015 nichts von illegalem Tun gewusst zu haben.

Keine Auslieferung an die USA

Winterkorn ist der neunte ehemalige oder aktuelle VW-Mitarbeiter, gegen den US-Behörden Strafanzeige stellen. Justizkreisen zufolge soll er sich in Deutschland aufhalten. Deutsche Staatsangehörige würden aber nicht in die USA ausgeliefert, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums in Berlin. Laut einem Gerichtssprecher ist Winterkorn nicht in Haft. Ihm könnten im Extremfall 25 Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu 275.000 Dollar (229.319,55 Euro) drohen.

Aber auch deutsche Justiz hat Winterkorn im Visier

Die deutsche Justiz hat Winterkorn und weitere Manager ebenfalls im Visier. Nach Angaben des Braunschweiger Oberstaatsanwalts Klaus Ziehe könnten Verteidiger bald Akteneinsicht bekommen. Die US-Klage gegen Winterkorn ändere den Sachstand nicht, sagte er der dpa. "Wir werden über Anklageerhebungen nicht heute oder morgen entscheiden." Man nehme die US-Ergebnisse aber "interessiert zur Kenntnis".

Die Strafverfolger in Braunschweig ermitteln rund um "Dieselgate" gegen 49 mutmaßlich Beteiligte - bei 39 wegen Software-Manipulationen zum Stickstoffdioxid-Ausstoß, 6 im Zusammenhang mit falschen CO2- und Verbrauchsangaben. In 3 Fällen geht es um Marktmanipulation, in einem Fall um einen Mitarbeiter, der zur Datenlöschung aufgerufen habe.

Verdacht auf Marktmanipulation

Gegen Winterkorn - wie auch gegen den neuen VW-Konzernchef Herbert Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch - laufen überdies Untersuchungen wegen Verdachts auf Marktmanipulation. Sie sollen Anleger zu spät über Finanzrisiken informiert haben. Bei Winterkorn geht es zusätzlich um das Verfahren wegen des Schadstoffausstoßes.

„Dieselgate“ brachte ihn zu Fall

Der VW-Chef war im September 2015 von seinem Amt zurückgetreten, kurz nachdem US-Behörden Manipulationen bei Dieselautos aufgedeckt hatten. Volkswagen hatte nur mit einer "defeat device" genannten Software die Schadstoff-Grenzwerte bei Tests eingehalten. In den USA waren rund 600.000 Fahrzeuge aus dem Konzern betroffen. In Deutschland ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) für 2,4 Millionen Wagen Rückrufe an.

Keiner Schuld bewusst

Winterkorn hatte betont, sich "keines Fehlverhaltens" bewusst zu sein. VW erklärte zu der Anklageschrift, weiter in vollem Umfang mit dem US-Justizministerium zu kooperieren. Jedoch sei es unangemessen, zu individuellen Verfahren Stellung zu nehmen. Strafanzeige gegen Winterkorn in den USA wurde laut Staatsanwaltschaft im März gestellt, die erweiterte Klageschrift aber erst jetzt öffentlich gemacht.

VW bekannte sich schuldig

Auf Konzernebene hatte VW bereits ein Schuldgeständnis gegenüber den US-Behörden abgegeben und hohe Strafen zahlen müssen. Für Vergleiche in Nordamerika wurden über 25 Milliarden Euro verbucht. In Europa wollen Anwälte ebenfalls Schadenersatz erstreiten, in Deutschland auch mithilfe eines gerade diskutierten Gesetzes für Musterklagen.

Ex-VW-Mitarbeiter bereits verurteilt

Die US-Justizbehörden hatten zuvor bereits Strafanzeigen gegen acht derzeitige und frühere Mitarbeiter des VW-Konzerns gestellt. Zwei von ihnen, der Ingenieur James Liang und der Manager Oliver Schmidt, wurden im August beziehungsweise im Dezember 2017 zu mehrjährigen Haftstrafen und hohen Geldbußen verurteilt. Es handelte sich um das gleiche Verfahren, das sich auch gegen Winterkorn richtet.

Aus der niedersächsischen Landesregierung hieß es, man habe die Erhebung der Anklage in den USA "zur Kenntnis genommen". Das Land ist der zweitgrößte VW-Anteilseigner. "Aus Respekt vor den Verfahren der amerikanischen Justizbehörden, aber auch den laufenden Verfahren in Deutschland" wollte eine Sprecherin keine Bewertung abgeben.

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