Die amerikanische Justiz hat nach der Anklage gegen Martin Winterkorn Haftbefehl gegen den früheren VW-Chef erlassen. Das bestätigte eine Justizsprecherin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die USA wollen den früheren Topmanager des Autobauers wegen Betrugs im Abgasskandal zur Rechenschaft ziehen.
Dem 2015 zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden wird außerdem Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vorgeworfen, wie aus der Klageschrift hervorgeht, die das zuständige Gericht in Detroit (US-Bundesstaat Michigan) am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlicht hatte. In Deutschland ermittelt derweil die Staatsanwaltschaft Braunschweig unter anderem wegen Betrugsverdachts weiter gegen Winterkorn.
Ein Anwalt des inzwischen 70-Jährigen sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, man prüfe die Anklage und werde sich "zu gegebener Zeit äußern". Von Winterkorn selbst war keine Stellungnahme zu erhalten.
Beim weltgrößten Autobauer steigt nun die Angst vor weiteren Konsequenzen. "Das ist natürlich ein herber Schlag und trifft das Unternehmen in einer ganz kritischen Phase", sagte eine Person aus dem Umfeld der Konzernführung zu Reuters am Freitag. Erst am Vortag hatte der neue VW-Chef, der gebürtige Österreicher Herbert Diess, vor den Aktionären angekündigt, den sogenannten "Kulturwandel" zu beschleunigen. Nur wenige Stunden später machten die US-Ermittler dann die Anklage gegen den einstigen Leitwolf von VW öffentlich. Eine Auslieferung muss der 70-Jährige nach Angaben des deutschen Justizministeriums aber nicht fürchten.
Ein politisches Thema ist der Fall Winterkorn schon jetzt, denn selbst US-Justizminister Jeff Sessions äußerte sich. Er erklärte schriftlich, die Vorwürfe zeigten, dass das System der Täuschung bis an die Spitze des deutschen Volkswagen-Konzerns reiche. Die Ermittler gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt.
Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der US-Umweltbehörden aufgeflogen. VW erklärte, man kooperiere weiter vollumfänglich mit den US-Justizbehörden