Am Dienstag wurde jener 39-jährige Iraner, der Mitte November 2023 einen 45 Jahre alten Landsmann in dessen Wohnung in Wien-Hietzing erschlagen, zerstückelt und im Marchfeldkanal versenkt haben soll, am Wiener Landesgericht zu 20 Jahren Haft verurteilt. Die Geschworenen befanden den Angeklagten einstimmig des Mordes für schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verurteilte erbat Bedenkzeit. Der Staatsanwalt akzeptierte die Gerichtsentscheidung.
Bei der Strafbemessung wurden die Verwendung einer Waffe und das Nachtatverhalten als erschwerend gewertet. Es sei "schrecklich, wie dieser Körper entstellt wurde", stellte die vorsitzende Richterin Christina Salzborn in der Urteilsbegründung fest. Und weiter: "Das war grauenhaft." Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Mannes - dank dieses Umstands entging er wohl einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Witwe und der Bruder des Getöteten bekamen ein Trauerschmerzengeld von 20.000 bzw. 15.000 Euro zugesprochen.
Zerstückelt: Tötung wohl aus finanziellen Gründen
Zur Tötung des 45-Jährigen soll es aus finanziellen Gründen gekommen sein. Der Mann soll dem Angeklagten Geld für eine in Aussicht gestellte geschäftliche Beziehung geborgt und dafür Krypto-Währungen und sein Auto verkauft haben. Laut Anklage wurde aus dem Geschäft nichts, die geborgte Summe zahlte der 39-Jährige seinem Gläubiger nicht zurück. Als der 45-Jährige sein Geld verlangte, besorgte sich der 39-Jährige dem Staatsanwalt zufolge einen Lattenhammer und schlug damit seinem Gläubiger bei einem Treffen in dessen Wohnung die Schädeldecke ein.
Sein Mandant habe hingeschlagen, hatte Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger beim Prozessauftakt im vergangenen Dezember eingeräumt. Es gebe aber "mafiöse Hintergründe". Der Angeklagte habe "Anweisungen" eines gewissen Mike befolgt.
Zeugin berichtete von finanziellem Engpass des Angeklagten
Wie eine Zeugin am zweiten Verhandlungstag berichtete, hatte der Angeklagte auch ihr Geld geschuldet. Sie hatte ihm 16.000 Euro überlassen. Als sie den Betrag wieder haben wollte, habe der Mann ihre Anrufe zunächst nicht beantwortet und dann vorgegeben, er sei im Spital, wo man ihm eine Niere entfernt hätte. Später habe sie 1.000 Euro bekommen. Als sie den Rest begehrte, sei der Mann "mit immer neuen Ausreden" gekommen: "Er hat behauptet, nach seiner Nieren-OP seien die Nähte aufgerissen."
Ein Freund des Getöteten, der auch mit dem Angeklagten gut bekannt war, erzählte im Anschluss, er Ihm sei von einem Polizeibeamten erklärt worden, "dass man in Österreich nicht einfach so verschwindet." Der 45-Jährige sei vermutlich in den Urlaub gefahren. Er habe daher eine andere Polizeiinspektion gesucht, wo seine Anzeige entgegen genommen wurde.
Er habe vom Handy des Verschwundenen auch WhatsApp-Nachrichten bekommen, aus deren Tonalität ihm klar gewesen sei, dass sie unmöglich der 45-Jährige geschrieben haben konnte, verriet der Zeuge weiter: "Das war mir alles suspekt." Deshalb sei er zur Polizei gegangen, wobei ihn der Angeklagte dabei sogar begleitet hätte. Dieser sei "ein anständiger Mann", betonte er: "Ich kann mir das nicht vorstellen, dass er das (den vorgeworfenen Mord, Anm.) gemacht hat." Um das zu unterstreichen, gab der Zeuge noch zu Protokoll: "Ich bin bereit, mit ihm ein Jahr in einer Zelle zu leben. Ohne Angst!" "Das ist in der StPO nicht vorgesehen", beschied ihm daraufhin die vorsitzende Richterin.
22 Leichenteile aus Wiener Marchfeldkanal geborgen
Der 45-Jährige galt seit Ende November 2023 als vermisst. Mitte Jänner fischte ein Angler dessen abgetrennten linken Unterschenkel samt Fuß aus dem Marchfeldkanal. Taucher der Polizei bargen in weiterer Folge 21 weitere Leichenteile, darunter den Kopf, den rechten Unterschenkel samt Fuß, beide Schulterblätter, mehrere Teile der Brust, mehrere Teile der Wirbelsäule und einige Organe. Anhand des Schädels war die Todesursache feststellbar. Dem Mann war die scharfe Seite eines Hammers einmal gegen den Scheitel und zwei Mal gegen die linke Schläfe geschlagen worden, was kreisrunde Einbruchsbrüche bewirkte. Am Hals wurde außerdem eine großflächige Schnittverletzung festgestellt.
Zerlegt wurde die Leiche einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge "nicht professionell". Demnach wurden mit einem Messer zunächst die Weichteile aufgeschnitten und die einzelnen Teile dann mit einer Säge und einer Hacke abgetrennt. Etliche Teile des Körpers dürften sich noch im Gewässer zwischen der Schwarzlackenau und Strebersdorf befinden. Bisher nicht gefunden wurden beide Oberschenkel, das Becken und beide Arme.
Angeklagter behauptete, er sei zu Tathandlungen gezwungen worden
Nach seiner Festnahme hatte der 39-Jährige zunächst ein Geständnis abgelegt. Davon war zuletzt keine Rede mehr. Der Angeklagte behauptet weiterhin, die "albanische Mafia" sei im Spiel gewesen. Er sei an den Tathandlungen beteiligt gewesen, aber dazu gezwungen worden. "Ihm wurden Anweisungen gegeben", erklärte Verteidiger Arbacher-Stöger. Hätte sich der Angeklagte widersetzt, "hätte er dabei das Leben gelassen".
Der 39-Jährige versicherte, er habe seit Juni 2023 für eine mafiöse Gruppierung gearbeitet und unter anderem Drogen- und Falschgeld-Transporte durchgeführt. Er habe sich dann mit dem späteren Opfer selbstständig machen wollen. Das sei schief gegangen. Der 45-Jährige habe nämlich Drogen und Blüten unterschlagen. Um das zu sanktionieren, sei er von einem Mafia-Mitglied namens "Mike" aufgefordert worden, einen Hammer und Nägel zu besorgen. Dann sei es zu einem ersten Treffen in der Wohnung des 45-Jährigen gekommen. "Mike" habe dem 45-Jährigen die Nase gebrochen.
"Reine Schutzbehauptungen"
Tags darauf sei man neuerlich in dessen Wohnung gegangen, worauf der Mafioso ihm erklärt habe, der 45-Jährige müsse sterben. "Mike" habe mit dem Hammer den ersten Schlag verursacht, dann sei er gezwungen worden, dasselbe zu tun, lautet die Verantwortung des Angeklagten. Das habe er gemacht. Er habe zwei Mal hingeschlagen.
Zum Zerteilen der Leiche und zur Beseitigung der Spuren sollen dann "Freunde von Mike" in die Wohnung gekommen sein. Er habe beim Verbringen der Leichenteile geholfen, räumte der 39-Jährige ein. Für den Staatsanwalt handelte es sich bei der Verantwortung um "reine Schutzbehauptungen", wie er mehrfach dargelegt hatte.