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"Niemand muss erfrieren": Ängste über Gas-Knappheit unbegründet

3-12-2024, 08:45

Trotz möglicher Einschränkungen des russischen Gasimports über die Ukraine, garantiert E-Control Vorstand Alfons Haber, dass in den nächsten zwei Wintern kein Gasmangel in Österreich auftreten wird. Die heimischen Gasspeicher sind gut gefüllt sind.

Auch wenn die Ukraine ab dem 1. Jänner 2025 kein russisches Gas mehr nach Westen durchlassen sollte, wird es in den nächsten zwei Wintern keinen Gasmangel in Österreich geben, versichert E-Control-Vorstand Alfons Haber. "Importe von russischem Gas über die Ukraine und die Slowakei nach Baumgarten können durch Importe über Deutschland und Italien vollständig ersetzt werden", sagte Haber am Montagabend vor Journalisten in Wien.

Gasversorgung laut E-Control für zwei kalte Winter gesichert

"Dieses Szenario, dass jemand erfrieren muss in Europa, das gibt es nicht", betonte die Leiterin der Gas-Abteilung bei der E-Control, Carola Millgramm. Solche Überlegungen seien "an den Haaren herbeigezogen". Der Gasmarkt sei liquide, die Gasspeicher gut gefüllt und man habe nach der ersten Gaskrise 2009 europäische Sicherheitsmaßnahmen aufgebaut. Darüber hinaus gebe es die europäische Versorgungssicherheitsverordnung mit Solidaritätsmechanismen für geschützte Kunden.

Inzwischen sei auch die erforderliche Transportkapazität für den Import nicht-russischen Gases vorhanden, sagte Haber. "Mit 1. Oktober hat sich die Importkapazität über Italien auf 95 Terawattstunden pro Jahr erhöht. In Deutschland liegt die Importkapazität bei 90 Terawattstunden." Zum Vergleich: 2021 lag Österreichs Gasverbrauch noch bei 96 TWh, 2023 waren es nur noch 75,64 TWh. "Das entspricht einer Gasverbrauchsreduktion von rund 21,4 Prozent", so Haber. Auch heuer werde der Verbrauch in Österreich bei rund 75 TWh liegen. Der Gesamtverbrauch in Europa betrage 3.600 TWh pro Jahr.

Über Deutschland würde vor allem norwegisches Pipeline-Gas und US-LNG kommen. Im italienischen Gasmarkt sind algerisches Pipelinegas und LNG-Lieferungen die wesentlichen Quellen. Für Österreich wichtige LNG-Terminals liegen in Holland, Belgien und Deutschland sowie in Norditalien. In Belgien und Italien handelt es sich vor allem um Gas aus Katar. Laut E-Control beträgt der Anteil von US-LNG in Belgien rund 20 Prozent und in Italien rund 40 Prozent.

Ab dem Jahr 2027 sei außerdem eine Verstärkung der Importroute über Deutschland mit dem WAG-Loop-Ausbau geplant, wodurch die Importkapazität aus Deutschland auf 117 TWh pro Jahr steigen werde, sagte Haber. Zudem habe Österreich eine strategische Gasreserve von 20 TWh aufgebaut und dafür 3,95 Mrd. Euro ausgegeben. Die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung dieser staatlichen Reserve sei vom Nationalrat vorerst bis 1. April 2026 verlängert worden.

Gasspeicher in Österreich zu 90 Prozent gefüllt

Insgesamt sind laut Haber in den österreichischen Gasspeichern rund 92 TWh Gas eingelagert, die Speicher sind zu 90 Prozent gefüllt. In letzter Zeit habe es allerdings "Falschmeldungen" gegeben, wonach nur ein geringer Anteil des Gases in den Speichern für den österreichischen Markt zur Verfügung stehen würde, ärgerte sich der Energieregulator. Tatsächlich seien von den eingespeicherten 92 TWh rund 33 TWh den österreichischen Endkunden vorbehalten, weitere 16 TWh würden "mit hoher Wahrscheinlichkeit" auf dem österreichischen Gasmarkt verbleiben. Ein Teil der Speicherkapazitäten werde von ausländischen - meist deutschen - Speicherkunden genutzt. "Die haben auch die Möglichkeit, die Mengen auf dem virtuellen Handelsplatz in Österreich - das heißt also auch über die Börse - zu handeln und den österreichischen Gaskunden zur Verfügung zu stellen. Wesentlicher Punkt, ob sie das machen, ist der Preisunterschied auf den Großhandelsmärkten."

Betrieben werden die Gasspeicher von der OMV und der RAG Austria. Auch Gas aus dem RAG-Speicher Haidach ist inzwischen an das österreichische Fernleitungsnetz und an das Gasverteilernetz angeschlossen. Tirol und Vorarlberg werden über Deutschland mit Erdgas versorgt.

US-Sanktionen gegen Gazprombank

Ob sich durch das Auslaufen des Gastransit-Vertrages zwischen der Ukraine und Russland überhaupt etwas ändern wird, ist aber noch unklar. Der ukrainische Pipelinebetreiber könnte Händlern, die russisches Gas kaufen, Transportkapazitäten über eine Buchungsplattform anbieten, erklärte Millgramm. Ob sich jemand Kapazitäten gesichert habe, werde man wahrscheinlich erst kurz vor Jahreswechsel erfahren. "Wir wissen es jedenfalls nicht." Eine weitere Unsicherheit für die Gasflüsse ergibt sich durch die ab 20. Dezember geltenden US-Sanktionen gegen die russische Gazprombank, über die Zahlungen zwischen Gazprom Export und ihren Handelspartnern in Europa und der EU abgewickelt werden.

Anstieg bei Gaspreis hat für Kunden vorerst kaum Auswirkung

Der Anstieg des Großhandelspreises in den letzten Wochen wird sich nach Ansicht der E-Control vorerst nur "marginal" auf die Haushaltspreise auswirken, da die Beschaffung bereits erfolgt sei und ein Großteil der Haushaltskunden Fixpreisverträge habe.

Dass das Gaspreis-Niveau in Europa als Folge der Abwendung von russischem Gas steigen könnte, wird allgemein ungern thematisiert. In der Vergangenheit galt es als unbestritten, dass russisches Gas tendenziell günstiger war als Gas aus anderen Quellen, insbesondere aus Norwegen oder Holland. Russland hat im Vergleich zu vielen anderen Ländern niedrigere Produktionskosten und exportierte Erdgas im Rahmen von langfristigen Lieferverträgen mit Preisen, die oft an den Ölpreis gekoppelt waren. Nachbarländer wie Weißrussland oder auch die Ukraine mit engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland erhielten Gas deutlich billiger als westeuropäische Länder. In den letzten Jahren, insbesondere nach der Annexion der Krim und der russischen Invasion in die Ukraine sind die Preise für russisches Gas auf den internationalen Märkten aber erheblich gestiegen. Auch infolge der Liberalisierung des Gasmarktes habe sich die Preisbildung in den letzten 20 Jahren verändert, erklärte Haber. Aktuell erfolge die Preisbildung an der Börse. Auch bei vielen bilateralen Verträgen sei die Börse die Grundlage der Preisbildung.

(APA/Red)

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