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US-Band Rezn rockte in der Wiener Arena

15-10-2024, 11:47

Montagabend war die US-Band Rezn erstmals in Österreich zu Gast und präsentierte in der Wiener Arena sein jüngstes Album "Burden", das die Last nur im Titel trägt.

Sie sind wohl das, was man gemeinhin als Weltenbauer bezeichnet: Die Musiker der US-Rockband Rezn arbeiten sich seit knapp zehn Jahren an Sounds ab, die den Blick zu den Sternen ebenso evozieren wie ins eigene Innere. Rezn verstehen es, mächtige Gitarrenwände mit fragilen Melodien und dichter Atmosphäre zu vermengen.

"Burden" ist im Sommer erschienen

Das im Sommer erschienene "Burden" ist der düstere Zwilling zu "Solace" aus dem Vorjahr. Beide Alben wurden zur selben Zeit erdacht und eingespielt, aber die Hinwendung zu helleren und dunkleren Themen ließ eine Zweiteilung logisch erscheinen, wie Sänger Rob McWilliams der APA vor dem Auftritt erklärte. "Wir haben einfach all unsere Energie in diese beiden Welten gesteckt. Du sollst einen Teil ganz verdauen können, bevor du dich dem nächsten widmest. So wurden es zwei eigenständige Platten. Es ist toll, dass jetzt endlich beide nebeneinander stehen können und man das ganze Bild sieht."

Letzteres stimmt auch insofern, als Künstler Adam Burke ein zweiteiliges Artwork entworfen hat, das nun vollständig ist: in der oberen Hälfte ein mächtiger Berg, dessen Flanken von dichten Wolken umhüllt sind, während sich unten der Abgrund öffnet und feurige Tiefen offenbart. "Wir versuchen uns stets mental in eine Welt zu versetzen, in der unsere musikalischen Ideen existieren", so McWilliams. "Der Berg vermittelt ein erhebendes Gefühl und symbolisiert eine Suche. Die Höhle ist wiederum die dunkle Seite. Beides ist verbunden, beides passiert zur selben Zeit und repräsentiert eine Reise."

Wie variantenreich diese ausfallen kann, wurde beim Konzert deutlich: Das groovige "Possession" mäanderte zunächst in lichten Höhen mit ätherischen Vocals, bevor das Quartett zum Höhepunkt einen akustischen Felssturz über das Publikum hereinbrechen ließ, wofür nicht zuletzt Drummer Patrick Dunn verantwortlich zeichnete. Wie wichtig die Synths von Multiinstrumentalist Spencer Ouellette sind, machten hingegen "Instinct" oder "Indigo" deutlich: Mal gab es futuristisch anmutende Akzente zu vernehmen, mal umhüllte er die zentrale Gitarrenfigur mit heftigem Dröhnen, wodurch Schönklang und Lärm in ein Spannungsverhältnis traten.

Vom stereotypen Jazzrock sind Rezn meilenweit entfernt

Beim älteren "Optic Echo" packte Ouellette das Saxofon aus - kein alltägliches Instrument im Rockzirkus. "Es hat sich einfach entwickelt", erklärte er darauf angesprochen. "Anfangs habe ich Gitarre gespielt und daneben ein bisschen Synthesizer. Das wurde aber immer mehr, also musste ich mich entscheiden. Mir war schnell klar, dass es mehr Sinn machen würde, wenn ich mich anderen Dingen zuwende." So kam die Flöte ebenso hinzu wie jüngst die Lapsteel-Gitarre oder eben das teils sehr präsente Saxofon. "Ich hatte es jahrelang nicht angegriffen, aber die anderen haben mich bei einer Probe überredet, es auszuprobieren. Wichtig ist aber, nicht die Ausgewogenheit aus den Augen zu verlieren. Ich dudle ja nicht einen kompletten Song zu", lachte er.

Stimmt, vom stereotypen Jazzrock sind Rezn meilenweit entfernt. Dafür scheint der Klangkosmos der Band zu stark aus einer Urgewalt zu schöpfen, die sich immer wieder Bahn bricht. Wobei man die Komplexität der Nummern keineswegs unterschätzen darf. "Das stand auch am Anfang des Kreativprozesses für diese Platten. Wir haben mit eigenwilligen Rhythmen begonnen", erinnerte sich Bassist Phil Cangelosi. "Es war mitten in der Coronapandemie und sonst gab es kaum etwas zu tun. Aus Wochen wurden Monate wurden Jahre. Also sind wir im musikalischen Sinne ein paar Abenteuer eingegangen. Später haben wir daraus ausgewählt, haben alles Überflüssige weggelassen und standen letztlich mit diesen beiden Teilen da."

Textlich hat sich McWilliams nach Ausflügen in ferne Sci-Fi-Welten diesmal übrigens mit Grundsätzlicherem beschäftigt: den menschlichen Emotionen. "Es war ein bewusster Schritt und war letztlich sogar einfacher, obwohl es eigentlich abstrakt ist. Aber es gibt da kein Ende. Ein Song über Angst etwa: Du hast so viele Metaphern dafür zur Hand und mögliche Richtungen, die du einschlagen kannst." "Solace" sei von einem "naiven Optimismus" durchzogen. "Das Ziel ist diese Bergspitze, die man auf dem Album nicht mal sieht. Sie liegt außerhalb des physisch Erreichbaren. Welche Emotionen weckt das in dir? Die Höhle steht wiederum für das Delirium und den Irrsinn. Und stets wird der Hörer selbst zum zentralen Charakter, wenn ich diese Türen öffne." Es werden hoffentlich nicht die letzten gewesen sein.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(APA/Red)

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