Der seit Ende 2020 in Wien und Umgebung aktive Online-Supermarkt "Gurkerl" will nach dem nun finalisierten Ausbau des Warenlagers wieder mehr Kunden anlocken. Mit den erweiterten Kapazitäten wird eine Zustellung innerhalb von drei Stunden und ein präzises 15-Minuten-Lieferzeitfenster versprochen. Der Lebensmittellieferdienst will sich mit einer schnelleren Zustellung und einer regionaleren Produktauswahl von Supermarkt-Online-Shops, wie jeden von Billa und Interspar, abheben.
"Unsere Hauptzielgruppe sind Familien mit Kindern", sagte Gurkerl-Chef Mark Hübner im APA-Gespräch. Man sei "aber auch für kleinere Haushalte interessant, die bei ihrem Wocheneinkauf auf regionale Produkte und schnelle Zustellung Wert legen." Für Kostenbewusste gebe es auch 300 Eigenmarken-Produkte im Preiseinstieg.
"Gurkerl" in Wien und Umgebung: Die Expansionspläne
Der Online-Supermarkt ist in Wien mit 200 Bestellungen pro Tag im Dezember 2020 gestartet, in Spitzenzeiten waren es bereits über 4.000. Mit Start des Lagerausbaus im Februar 2023 wurde die maximale Kapazität auf 2.000 Bestellungen reduziert. "Das hat uns absolut leid getan", so der Gurkerl-Chef. Die damit einhergehenden Einschnitte im Sortiment und der Liefergeschwindigkeit seien "alles andere als ideal" für unsere Kundinnen und Kunden gewesen. Mit dem "Neustart" und der Teilautomatisierung des Lagers könne man nun wieder bis zu 4.000 Bestellungen pro Tag abwickeln. Mittelfristig sind auch 8.000 Bestellungen möglich. Der Mindestbestellwert wurde kürzlich wieder auf 39 Euro und der Bestellwert für eine kostenlose Zustellung auf 79 Euro gesenkt.
Im Zuge des Warenlager-Ausbaus und der Kapazitätsreduktion baute Gurkerl Anfang 2023 laut Medienberichten bis zu 290 Stellen ab. Das Unternehmen selbst hat die Höhe des Stellenabbaus nie beziffert. Aktuell beschäftigt der Online-Supermarkt rund 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 100 Boten. Bis Ende 2025 könnte die Mitarbeiterzahl wieder auf rund 500 steigen, kündigte der Gurkerl-Chef an.
Das Logistikzentrum des Online-Supermarkts im 23. Wiener Gemeindebezirk wurde während des laufenden Betriebs von 5.000 Quadratmetern auf 10.000 Quadratmeter erweitert und mit automatisierter Lager- und Kommissioniertechnik von AutoStore aus Norwegen und Brightpick aus der Slowakei ausgestattet. "Mit der Automatisierung erhöhen wir die Kapazitäten im Logistikzentrum um 35 Prozent und steigern die Produktivität um 50 Prozent", so der Gurkerl-Chef. Der Zubau zum bestehenden Warenlager und die Teilautomatisierung habe "einen hohen einstelligen Millionenbetrag" gekostet. Derzeit umfasst das Liefergebiet des Online-Supermarkts ganz Wien und Schwechat, Mödling, Baden, Korneuburg, Stockerau, Klosterneuburg, Wiener Neustadt und Eisenstadt. Auch kleinere niederösterreichische und burgenländische Gemeinden in Wien-Nähe werden angefahren. Der Lebensmittellieferdienst will sein Liefergebiet rund um Wien in Zukunft weiter ausweiten. Eine Expansion in eine andere Landeshauptstadt in Österreich ist derzeit nicht geplant.
Lebensmittellieferdienst will mit Regionalität punkten
Gurkerl verkauft neben Supermarkt-Ware auch Lebensmittel von rund 180 Produzenten aus Wien und dem Wiener Umland, darunter 40 Obst- und Gemüsebauern. Der Lebensmittelzusteller bietet auch Produkte an, die es bei anderen Supermärkten in Österreich nicht gibt, etwa Backwaren von Öfferl und Joseph Brot und Lebensmittel der britischen Kaufhauskette Marks & Spencer. Außerdem sind Produkte von Wiener Gastrobetrieben verfügbar, unter anderem vom Eissalon am Schwedenplatz, Mochi und Zum Schwarzen Kameel. Gurkerl hat insgesamt 12.000 Produkte im Sortiment und bietet rund 3.500 rezeptfreie Apothekenprodukte in Kooperation mit der DaVinci-Apotheke an.
Gurkerl gehört zu der im Jahr 2014 gegründeten tschechischen Rohlik-Gruppe. Der Online-Lebensmittellieferdienst ist aktuell in Tschechien, Ungarn, Deutschland, Österreich und Rumänien aktiv und verzeichnete 2023 ein Umsatzplus um rund ein Viertel auf 700 Mio. Euro. In München erreichte der Online-Supermarkt innerhalb eines Jahres nach Einführung der automatisierten Lagerlösung im Trocken- und Frischebereich nach eigenen Angaben die Profitabilität. Laut Firmenbuch ("Wirtschafts-Compass") belief sich der Umsatz von Gurkerl im Geschäftsjahr 2021/22 auf 45 Mio. Euro und der Verlust auf 30,3 Mio. Euro, 2022/23 lagen die Erlöse laut vorläufigem Jahresabschluss bei 58,5 Mio. Euro und der Verlust bei 31,6 Mio. Euro.
Für das kommende Jahr visiert Gurkerl einen dreistelligen Millionen-Umsatz an, Ende 2025 soll die Profitabilität inklusive Marketingkosten erreicht werden. "Wir haben große Warenkörbe von rund 100 Euro im Schnitt, eine gesunde Margenstruktur und einen Aktionsanteil vom Gesamtumsatz von nur 10 Prozent", so Firmenchef Hübner. "Gurkerl ist maßvoll bei Marketingausgaben. Viele Online-Händler sind unter anderem an den Marketingkosten gescheitert." Die Gurkerl-Mutter Rohlik erhielt Mitte des Jahres eine weitere Kapitalspritze in Höhe von 170 Mio. Dollar (155 Mio. Euro) von neuen und bestehenden Investoren.